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Vorstellungen
Filmkritik
Im Sommer 1990 verschwindet in Halberstadt eine ganze Welt. Die Zukunft ist ungewiss; Entlassungen und Betriebsschließungen sind an der Tagesordnung. Keiner weiß, ob der Wechsel in den Kapitalismus die eigene bescheidene Existenz verbessern oder zerstören wird.
Maren (Sandra Hüller) und ihr Mann Robert (Max Riemelt) überbrücken diese Zeit am liebsten vor dem Wohnblock in der Gesellschaft ihrer Nachbarn. Ihr graffitibegeisterter Sohn wird ständig von der unterforderten Polizei gejagt, die es sichtlich bedauert, dass sie nach dem Mauerfall ihr Bedrohungspotenzial eingebüßt hat. Als der einstige Republikflüchtling Volker (Ronald Zehrfeld) auftaucht, trägt er Unruhe in die hoffnungsvoll-entspannte Stimmung hinein. Er hatte früher ein Verhältnis mit Maren, machte sich dann aber ohne Ankündigung davon, weil er die Dreiecksbeziehung nicht mehr ertrug.
Mikrowellen & Kaffeemaschinen
Alle Figuren sind gerade damit beschäftigt, im Zuge der Währungsunion ihr privates Geldvermögen in D-Mark umzutauschen. Als das Trio auf den desillusionierten NVA-Mann Markowski (Peter Kurth) stößt, führt der sie zu einem Stollen, in dem die DDR ihre wertlosen Geldscheine einlagert. Sie stopfen das Geld in ihre Rucksäcke und entkommen der tollpatschigen Wache in dem weit verzweigten Tunnelsystem. Bei den Händlern aus dem Westen, die ihnen die Tür einlaufen, kaufen sie dann Mikrowellen und Kaffeemaschinen ein, um aus den DDR-Scheinen Kapital zu schlagen.
Die auf diese Weise erworbenen Waren werden in der Bundesrepublik wiederverkauft und damit in D-Mark umgewandelt. Allerdings kommen dabei verdächtigerweise auch 200- und 500-Ostmark-Scheine in Umlauf, obwohl diese in der DDR nie eingesetzt wurden.
Regisseurin Natja Brunckhorst hat die meisten Rollen ihrer Wendekomödie mit Schauspielern besetzt, die aus der ehemaligen DDR stammen, darunter Sandra Hüller, Max Riemelt, Ronald Zehrfeld, Ursula Werner, Peter Kurth, Martin Brambach und Uwe Preuss. Sprachlich ist das ein veritabler Gewinn, denn der authentische Zungenschlag ist so garantiert, und das Ensemble schaukelt sich gegenseitig zur Hochform. Die Anspielungen auf Western oder Filme wie „Ocean´s Eleven“ funktionieren dagegen weniger gut, denn das Tempo beim Raubzug kommt nicht von der Stelle, und Verlierer eines diktatorischen Systems taugen nur bedingt als Wiedergänger glamouröser Gangster, zumal der humoristische Ton dabei allzu harmlos gerät.
Warum die Filmmusik aus Blues- und Folksongs besteht, bleibt ein Rätsel. Eher hätte man einen Soundtrack aus der reich bestückten DDR-Punk-Szene erwartet. Dies hätte aber wohl die sommerlich-leichte Stoßrichtung gestört, in die der durchaus konfliktgeladene Plot getaucht wird. Zunächst funktioniert die Nachbarschaftsgemeinschaft noch als solidarische Einheit; alle ziehen an einem Strang. Bis die Gier Einzelner dazwischenfunkt, die ihr „Vermögen“ plötzlich mit den anderen nicht mehr teilen wollen. Ein Kampf auf Leben und Tod wird daraus aber nicht. Der harte Kern lässt sich wie in einem utopischen Märchen nicht von den Egoismen beeindrucken und kauft sich im Finale statt oberflächlicher Statussymbole einen eigenen „VEB“ (Volkseigener Betrieb).
Im stimmigen Ost-Style
Der Film, dem eine ausgefeilte Geldschein-Animation vorangeht, ergreift eindeutig Stellung für die cleveren kleinen Leute, die erst gegen Ende mit den ernüchternden Machenschaften der Stasi und der Parteibosse konfrontiert werden. Davon hätte man gerne mehr gesehen, ebenso wie etwa von den Vorboten der heute dominierenden demokratiefeindlichen Gesinnung in Ostdeutschland. Dass die Dreiecksbeziehung mit Kindern von verschiedenen Vätern die späte DDR als Paradies der Polyamorie ausgibt und mit einer hedonistisch-liberalen Sexualmoral aufzuhübscht, verursacht aber eher Stirnrunzeln. Die ostdeutsche FKK-Kultur einmal ausgenommen, war die „sozialistische Ehe“ ein hehres Ideal der SED.
Dass die Bilder immer eine Spur zu gediegen wirken, wenngleich die Dekors stimmig den späten Ost-Style einfangen, ist wohl ebenso der angestrebten Leichtfüßigkeit geschuldet. So ähnelt „Zwei zu Eins“ einer vollgestopften Erinnerungskiste, deren Ambivalenzen meidenden Inhalt man mit gemischtem Vergnügen durchstöbert.