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Filmkritik
„Top Gun“ (1986) von Tony Scott ist der Inbegriff des 1980er-Jahre-Kinos, glatt, oberflächlich, schick und unkritisch. Mit der Heroisierung der Piloten, seinem übertriebenen Patriotismus, dem starkem Leistungsbewusstsein und einem Interesse für hochspezialisierte Technik passte der Film perfekt in die Zeit von Ronald Reagan, in der die Stärke der USA, wirtschaftlich und militärisch, den Ton angeben sollte. „Top Gun“ war auch typisch für die frühe Karriere von Tom Cruise, der mit seinem guten Aussehen und dem gewinnenden Lächeln gerne die hedonistischen Dickköpfe spielte, denen der Spaß und der Erfolg, ob im Beruf oder im Privatleben, über alles ging.
Allerdings war „Top Gun“ schon damals ein Anachronismus, weil sich der Kalte Krieg, der hier in Form sowjetischer MIGs noch einmal auflebte, dem Ende näherte. Trotzdem verkaufte der Film die Kampfflugduelle als Attraktion und wurde so zum überlangen Werbeclip für die Navy und die Air Force. Eine Versuchung, der auch Regisseur Joseph Kosinski im Nachfolger erliegt.
Nur kein Realismus!
36 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils hat Pete „Maverick“ Mitchell noch immer keine Karriere gemacht. Anstatt als Admiral am Schreibtisch zu sitzen, fliegt er lieber weiter als Testpilot und pfeift auf die Militärhierarchie und ihre Befehlskette.
Als er gleich zu Beginn des Films trotz Einsatzverbots einen Tarnkappenbomber zu Schrott fliegt, verdonnert ihn sein Vorgesetzter Vice Admiral „Cyclone“ (Jon Hamm) dazu, eine Gruppe von Top-Gun-Azubis für eine geheime Sondermission zu trainieren. Eine Aufbereitungsanlage für Uran soll in einem feindlichen Land zerstört werden. Dass dieses Land nicht genannt wird, gehört zur antiintellektuellen Unbedarftheit der Macher. Mal eben irgendwohin fliegen und alles kurz und klein bomben, ist völkerrechtlich zwar fahrlässig, zumal der Einsatz von Drohnen ungefährlicher und einfacher wäre. Doch dies ist nicht der Film, der sich ernsthafte Gedanken über weltpolitische Zusammenhänge macht.
Stattdessen sucht „Top Gun Maverick“ Anknüpfungspunkte zum Vorgänger, wie es schon die Anfangsbilder von Start und Landung auf einem Flugzeugträger andeuten. In einer Analogie auf die Väter-Problematik im ersten Teil trifft Maverick auf Lt. Bradley „Rooster“ Bradshaw (Miles Teller), den Sohn von Nick „Goose“ Bradshaw, Mavericks Freund und Co-Pilot, der im ersten Teil starb. Rooster gibt Maverick die Schuld am Tod seines Vaters. Statt Kelly McGillis sitzt nun Jennifer Connelly als Barfrau und alleinerziehende Mutter Penny mit auf dem Motorrad. Zu den Geistern der Vergangenheit, den Schuldgefühlen, den Liebesproblemen und dem Hadern mit der Lehrerrolle gesellen sich noch Kabbeleien unter den ehrgeizigen Flugschülern, die mit einer Frau und einem Schwarzen zwar divers aufgestellt sind, ansonsten aber keine Kontur gewinnen. Denn „Top Gun Maverick“ ist ein Tom-Cruise-Film.
Trotzdem gibt es einen anrührenden Kurzauftritt von Val Kilmer als Iceman, Mavericks Rivalen von damals, der es immerhin zum Admiral gebracht hat, aber an Kehlkopfkrebs leidet und darum kaum noch sprechen kann. „Wer war der Beste von uns?“, fragt er leise bei der Abschiedsumarmung. „Verdirb nicht den Moment!“, antwortet Maverick. Eine andere schöne Szene zeigt, dass der Protagonist trotz seiner Navy-Zugehörigkeit nicht segeln kann; Penny muss es ihm erst beibringen. Doch solche stillen Augenblicke sind selten; im Vordergrund steht die Action.
Beschleunigt bis zur Ohnmacht
Kosinski, der mit Tom Cruise schon bei dem Science-Fiction-Film „Oblivion“ zusammenarbeitete, inszenierte im Gegensatz zum Vorgänger, der überwiegend Archivmaterial nutzte, spektakuläre Flugszenen, die einem den Atem rauben. Rasante Manöver, schnelle Verfolgungsjagden, das plötzliche Auftauchen eines Jets, steile Ausweichbewegungen vor einem Berg – all das ist perfekt inszeniert. Die Aufregung bei diesen blitzschnellen Flugduellen teilt sich unmittelbar mit. Kosinski hat dabei auch die Auswirkungen auf den menschlichen Körper im Blick – bis hin zur Ohnmacht bei allzu großem Druck der Fliehkraft.
Natürlich ist dies eine „Mission Impossible“. Gleich mehrere Wunder seien nötig, um die Aktion zu erfüllen, meint ein Admiral – ein erster Hinweis darauf, dass der Höhepunkt des Films ins Absurd-Fantastische abdriftet. Hier geht es nur noch um kinetische Attraktion. Glaubwürdigkeit, Realismus oder gar komplexe politische Zusammenhänge stören da nur. Fliegen ist ein aufregendes Abenteuer. Das war im Vorgänger so, das ist es jetzt nicht minder.