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Filmkritik
Alberto Moravia erzählt in seinem Roman die Geschichte eines Mannes, der sein Leben auf einem großen Irrtum aufbaut, einem Schuldkomplex, den er durch Anpassung, durch das Bestreben, zu sein wie alle anderen, zu überwinden sucht, und der zuletzt erkennen muß, daß alle Voraussetzungen für sein Handeln falsch waren. Marcello Clerici war als 13jähriger fast von einem Homosexuellen verführt worden und hatte den Mann halb auf dessen Bitten, halb aus Ekel und Notwehr, erschossen. Damit hatte er Schuld auf sich geladen - war anders geworden als die anderen. Verzweifelt bemüht er sich, doch so zu sein wie die anderen, jede Anomalität zu überwinden. Darum wird er ohne Überzeugung ein Handlanger des Faschismus, darum heiratet er ohne Liebe ein durchschnittliches Mädchen. Seine Hochzeitsreise muß er mit einem Mordauftrag verbinden: er hat seinen nach Paris emigrierten Universitätslehrer, einen leidenschaftlichen Antifaschisten, an die Agenten des Geheimdienstes zur Liquidierung auszuliefern. Anna, die junge Frau des Professors, in die er sich heftig verliebt, die aber nur an Marcellos Frau interessiert ist, vereitelt durch eine Laune seinen Versuch zu ihrer Rettung. Bei Kriegsende erfährt Marcello, daß er als Knabe gar nicht getötet hatte; unnötig also seine Bemühungen, sich von diesem Schuldgefühl zu befreien. - Moravia geht es keineswegs um Politik und Faschismus. Er setzt sich nicht mit einer Ideologie auseinander, die zum Verbrechen führen muß. Er sucht nur zu erklären, was einen Menschen dazu treibt, verzweifelt die Durchschnittlichkeit zu suchen und zum Konformisten zu werden. Sein Marcello gelangt zuletzt zu der niederschmetternden Erkenntnis, daß er auch ohne jenen Schuldkomplex so gehandelt hätte, und daß das normale Verhalten des Menschen gerade in dem verzweifelten, vergeblichen Bemühen besteht, das eigene Leben immer wieder zu rechtfertigen, und daß das Trugbild der Unschuld - gesucht in der Durchschnittlichkeit - keineswegs die Normalität darstellt. Bertolucci fügt nun dieser rein psychologischen Geschichte noch politische Dimensionen hinzu. Er teilt Moravias lineare Erzählung in viele, kompliziert verschachtelte Rückblenden auf und verstärkt die Unklarheit noch durch seinen Inszenierungsstil, der mit stilisierter, irrealer Monumentalität, langen gespenstischen Korridoren und unwirklichen Dekorationen eher Kafka als Moravia angemessen wäre und daher auch ständig irgendwelche Bedeutsamkeiten über den Moloch Partei erwarten läßt, die aber ausbleiben. Bertolucci verstand nicht, aus dem individuellen Schicksal allgemeingültige 2üge abzuleiten. Dabei ist seine Bildsprache von suggestiver Kraft, zugleich aber verdrängt die Schönheit dieser Bilder den politischen Gehalt; man gibt sich einem Erlebnis optischen Genusses und schauspielerischer Delikatesse hin, ohne zu einer Auseinandersetzung gezwungen zu werden, die vom Thema her unerläßlich wäre. Es scheint, als habe Bertolucci die Kraft zur geistigen Durchdringung seines Stoffes gefehlt.