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Filmkritik
Michael (Jim Parsons) hatte es nicht leicht als Kind. Wegen seines Übergewichts wurde er in der Schule gemobbt und verlor seine Mutter in Folge einer Krebserkrankung. Er floh in die Welt des Fernsehens, die alles ein wenig erträglicher machte. Wenn sich der erwachsene, mittlerweile als Autor für den populären „TV Guide“ tätige Michael an früher erinnert, sieht die Vergangenheit wie eine Familien-Sitcom mit eingespielten Lachern aus. Immer wieder tauchen in „Spoiler Alarm“ solche verfremdeten Rückblenden auf, mit denen der Protagonist sein Trauma in die Fiktion überführt, um den Schmerz zu mildern.
Der autobiografische Roman von Michael Ausiello, auf dem der Film basiert, treibt diesen therapeutischen Prozess noch eine Stufe weiter. Denn im Zentrum des Buchs steht ein tragisches Déjà-vu des Autors: der Krebstod seines Freundes Kit (Ben Aldridge). Dass das traurige Ende gleich zu Beginn verraten wird, wirkt wie ein weiterer Versuch, die Wucht des Schicksals etwas abzumildern. Wobei der Spoiler zunächst wieder vergessen ist, wenn sich die Inszenierung von Regisseur Michael Showalter ausführlich dem holprigen Start der Beziehung widmet. Als Schauspieler und Komiker weiß Showalter seinen Darstellern genug Raum zur Entfaltung zu geben und Witze treffsicher zu platzieren.
Zwei auf unterschiedliche Weise unsichere Männer
Am stärksten ist „Spoiler Alarm“, wenn er sich auf die Dynamik zwischen den beiden auf sehr unterschiedliche Weise unsicheren Männern konzentriert. Während der gutaussehende Kit mit selbstsicherem Auftreten seine Ängste zu kaschieren weiß, ist Michael die Gehemmtheit in Person. Jim Parsons spielt einen sonderbaren, durchaus feinsinnigen und authentischen Nerd. In seinen zögerlichen und ungelenken Bewegungen sowie einer halb verängstigten, halb konsternierten Mimik drückt sich sein tiefes Unbehagen über die Welt und am eigenen Körper aus. Erst im Gespräch mit Kit wirken seine hektischen Bewegungen weicher und der Griff zur Cola Light, seinem einzigen Rauschmittel, weniger hilfesuchend.
Der Mut zu Ehrlichkeit und Peinlichkeit schafft in „Spoiler Alarm“ eine Atmosphäre, in der jeder er selbst sein kann. Als Kit nach langer Verhandlung endlich in Michaels Wohnung darf und dabei mit einer verstörend infantilen Obsession seines Freundes konfrontiert wird, gesteht er ihm unmittelbar einen Seitensprung. Ehrlichkeit wird in „Spoiler Alarm“ aus Prinzip belohnt. Jedes Geständnis ist zugleich eine Einladung an den anderen, selbst etwas zu beichten. Und jedes Mal, wenn die beiden ihre Angst überwinden, rücken sie wieder näher zueinander.
So wie sich Michael gerne in Seifenopern verliert, hat er auch eine etwas kitschige, normierte Vorstellung vom Beziehungsglück, inklusive penible durchgeführter Weihnachtsrituale. Die Fantasie hält der Realität dabei nicht immer stand. Nach 14 Jahren haben sich die beiden voneinander entfremdet und stehen kurz vor der Trennung. Erst im Angesicht des Todes ziehen sie wieder zusammen und lernen sich neu lieben. Dass sie dann auch noch heiraten, wirkt wie ein trotziger Versuch, die Romantik über die Härte des Schicksals triumphieren zu lassen.
Mit dem unfreiwilligen Ende der Beziehung rückt dann auch die Erkenntnis näher, dass man es sich zwischenmenschlich oft nur unnötig schwer macht. Als Kit sich nach einem komischen Spießrutenlauf endlich bei Michaels Eltern geoutet hat, sind die über sein langes Zögern verwundert.
Nicht mehr weglächeln können
„Spoiler Alert“ begegnet der Hoffnungslosigkeit mit der Schönheit flüchtiger Momente. Das schlägt sich auch in der Erzählweise nieder, die mit Eintreten der Krankheit luftiger wird und manchmal auch etwas an Intensität verliert. Zwar gibt es einzelne emotional dichte Momente, in denen die Figuren die grausame Gewissheit nicht mehr weglächeln können, doch der Blick des Films auf Kits Verfallsprozess und Michaels Verlustangst sind gegen Ende vor allem sanft, einfühlsam und fast optimistisch. Während die einzige antagonistische Kraft die Krankheit bleibt, werden die Mitmenschen zur Stütze. Man fährt ans Meer, verbringt Zeit mit seinen Liebsten und lacht miteinander. Dass Kits sympathisch-bodenständige Eltern für den Waisen Michael dann zur Ersatzfamilie werden, dient überdies als Trost, weil die Trauerarbeit damit zum Teamwork wird.