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Filmkritik
Schon der Prolog von „Son of the South“ stellt eine schwindelerregende Fallhöhe her. Da wird der Protagonist, der sich per Voice-over als Bob Zellner (Lucas Till) vorstellt, von ein paar grimmigen Zeitgenossen aus einem Auto geschubst und zu einem Galgen geführt. Bevor sich die Schlinge zuzieht, geht es in die Schwarzblende und dann in den Vorspann des Films, und so ist erstmal nur klar: Es wird hier um Leben und Tod gehen.
Doch nicht nur die erzählerische, auch die politische Fallhöhe ist enorm – durch das Bild eines Weißen in den Südstaaten, mit einer Schlinge um den Kopf. Schließlich spielt „Son of the South“, gedreht von Spike Lees langjährigem Editor Barry Alexander Brown, zu Anfang der 1960er-Jahre in Alabama, zu einer Zeit und in einem Ort also, wo Lynchmorde für Afroamerikaner keine spektakulären Einzelfälle waren, die sich gut für einen dramatischen Prolog eignen, sondern alltäglicher rassistischer Terror. Angesichts dieser historischen Tatsache sowie der eher unrühmlichen Tradition Hollywoods, vom Rassismus gern mithilfe weißer Identifikationsfiguren zu erzählen, ist der Einstieg mit einem angedrohten Lynching eines Weißen erst mal ein zumindest nicht unproblematisches Statement.
Die Geschichte einer Politisierung
Die wahren Hintergründe, auf denen dieser Film beruht, schaffen da erstmal Abhilfe, und unbestritten ist ohnehin, dass unzählige weiße Unterstützer in der Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre eine zentrale Rolle spielten, dass sie von Seiten des rassistischen Mobs als „Verräter“ gern besonders hart angegangen und oft eben auch gelyncht wurden. „Son of the South“ erzählt nun die Geschichte eines der prominentesten Vertreter dieser Unterstützer: Bob Zellner, dessen Vater und Großvater noch Mitglieder des Ku-Klux-Klans waren, war gar der erste Weiße, der in der bedeutendsten Bürgerrechtsorganisation SNCC eine offizielle Position bekleidete. Basierend auf Zellners Autobiografie „The Wrong Side of Murder Creek: A White Southerner in the Freedom Movement“ zeichnet Brown Zellners Politisierung nach. Das aber leider auf schlichteste Weise, mit groß ausgeschilderten Wegmarken. Jede Szene hat ihre Funktion, die auch noch möglichst explizit ausgesprochen wird.
Zellners Entwicklung vom Nicht-Rassisten zum Anti-Rassisten beginnt mit einer Recherche über „Rassenbeziehungen“ in einer afroamerikanischen Kirchengemeinde, für die er und vier Kommilitonen bereits angefeindet werden, und mündet in der Entscheidung, zunächst nicht mit der Verlobten in Richtung Elite-Uni zu ziehen, sondern sich den sogenannten „Freedom Riders“ anzuschließen – jenen Gruppen, die aus dem Norden Bustouren in den Süden unternahmen, um gegen die dortige Segregation zu protestieren.
Gewaltangriffe und kultivierte Begegnungen
Die beispiellose Gewalt, die diese Gruppen erfuhren, spart Brown nicht aus: Als ein weißer Mob die gerade in Montgomery ankommende Gruppe attackiert, wird die Tonspur hochgefahren, auf dass die Schläge und Tritte auch ordentlich dröhnen, und die Kamera sucht eifrig nach blutigen Nahaufnahmen. Und doch wirkt noch diese Action-Szene erstaunlich brav, beliebiger Teil einer Kausalkette, die Zellners Radikalisierung erklärt. Andere Teile dieser Kette: ein Dinner bei einem progressiven weißen Pärchen, bei dem auch Bürgerrechtsikone Rosa Parks zugegen ist und Bob erklärt, dass er gebraucht werde sowie die Begegnung mit der schwarzen Professorin Joanne (Lex Scott Davis), die vier Sprachen spricht, politisch scharfsinnig argumentiert und aus eher unerfindlichen Gründen ein Interesse am naiven Bob entwickelt.
Die Heldenreise des Bob Zellner kennt nicht nur Gefährten, sondern auch Hindernisse, vor allem Bobs Klan-Großvater (Brian Dennehy) und seine Verlobte Carol Ann (Lucy Hale), die nicht fassen kann, dass Bob die gemeinsame Zukunft wegen der Politik erst einmal hintanstellt. Auch diese Figuren erfüllen in Browns Adaption von Zellners Memoiren bloße Drehbuch-Funktionen. Schon mit mehr Nuancen versehen ist da Bobs Vater James (Byron Herlong), dessen per Rückblende erzählte Hintergrund-Geschichte allerdings im Film ein Tiefpunkt ist: Einem Teenager-Bob erzählt der Vater, wie er vom Klan-Mitglied zum Nächstenliebenden wurde, nachdem er bei einer Reise in der fernen Sowjetunion einen afroamerikanischen Gospelchor singen gehört hatte. „So etwas Schönes hatte ich vorher noch nie gehört.“
Problematisch in der klaren Rollenverteilung
Gerade weil „Son of the South“ so ein Paradebeispiel für konventionelles, ja biederes Erzählkino ist, wird hier deutlich, dass sich politische und ästhetische Probleme meist nicht so leicht voneinander trennen lassen. Denn was diesen Film problematisch werden lässt, ist die klare Rollenverteilung sozialer Positionen: Bobs Entwicklung ist eine vom weißen Bubi zum „farbenblinden“ Mann, zur Belohnung darf er die etwas anstrengende Verlobte gegen die fesche Professorin eintauschen und bekommt vom anfangs feindseligen SNCC-Chef eine Buddy-Umarmung.
Das „Thema“ des Films mögen die Bürgerrechtskämpfe in den Südstaaten sein, für die Geschichte, die er erzählt, sind diese Kämpfe aber letztlich nur billiges Fleisch, das an den alten Knochen eines sehr bekannten dramaturgischen Skeletts hängt.