Vorstellungen
Filmkritik
Wenn die Blüte sich schließt, fühlt die Blumenfee Rosa sich wohl. In der Blüte des Rosenbusches, in dem sie lebt, ist sie sicher. Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Denn Rosa ist auch sehr einsam. Sie sehnt sich nach einem Freund oder einer Freundin, aber niemand hat Zeit für sie. Die Biene wechselt zwar gerne ein paar Worte mit ihr, muss dann aber auch schon wieder weiterarbeiten. Und die Raupe muss noch ganz viel fressen, weil sie sich bald verpuppen wird. In einer Mischung aus Verzweiflung und Mitleid fasst Rosa sogar ins Auge, die kleine Maus Karl-Gustav zu heiraten, für die sich sonst niemand interessiert – auch wenn sie tief in ihrem Herzen spürt, dass das eine falsche Entscheidung ist und sie ja eigentlich gar nicht heiraten will. Gemeinsam mit jemandem ein Abenteuer zu erleben, das wäre schon toll. Wären da nicht die ganzen Warnschilder vor ihrem inneren Auge. Dann trifft Rosa auf das frisch geschlüpfte, abenteuerlustige Schmetterlingsmädchen Silk, das kaum zu bremsen ist und endlich die Welt entdecken will. Wie wäre es, den Elfenkönig zu besuchen? Rosa ist hin- und hergerissen.
Eine schöne Abwechslung im Kinderfilm-Angebot
Der dänische Animationsfilm „Rosa und der Steintroll“ ist eine schöne Abwechslung im aktuellen Kinderfilm-Angebot. Hier gibt es keinen Krawall, keine Dramaturgie, die sich allein an Actionszenen entlanghangelt, keine Witze, die allein für die erwachsenen Mitgucker und Begleiter geschrieben wurden, keine lieblosen Animationen von Helden bekannter Spielzeugmarken. Von der ersten Szene an wird deutlich, dass man das ganz junge Kinopublikum ab etwa fünf Jahren hier in seinen Rezeptionsbedürfnissen und -kompetenzen sehr ernst nimmt.
Die Bilder strahlen eine große Ruhe aus, sind durch die flächigen Zeichnungen mit den klaren Farben übersichtlich und bieten eine leichte Orientierung, so wie Kinder es aus Bilderbüchern kennen. Das Tempo ist gemächlich, ja entschleunigt und für erfahrenere jüngere Zuschauer deshalb vielleicht sogar etwas anstrengend, weil zu wenig passiert. Kinoanfängern aber wird es leicht gemacht, in die Welt der Blumenfee einzutauchen und sich in dieser zurechtzufinden. Bezüge zur nordischen Mythologie verleihen dem Film dabei einen ganz eigenen Charme.
Die Sehnsucht, Freunde zu finden
Einnehmend ist vor allem die Haltung der kleinen Fee. Ihre Einsamkeit ist nachvollziehbar, ebenso ihre Sehnsucht, Freunde zu finden. Und wenn der Film sogar erzählt, dass sie mit besten Absichten erst einmal eine Entscheidung trifft, die sich falsch anfühlt, dann lehnt er sich damit für diese Altersgruppe ziemlich weit aus dem Fenster. Vor allem in dem Zusammenspiel zwischen der Blumenfee Rosa und dem Schmetterling Silk schließlich wird noch einmal mehr spürbar, welcher Konflikt in Rosa brodelt. Sie will ja auch ein Abenteuer erleben, ist aber nur noch nicht mutig genug. Als Silk dann vom Steintroll entführt wird, muss Rosa doch über sich hinauswachsen, um ihre Freundin zu retten. Nun liegt es an ihr, es mit dem Steintroll aufzunehmen. Mit einem Spiegel könnte der Troll, der die Natur in seiner Umgebung zum Verwelken bringt und die Lebewesen in Steinfiguren verwandelt, besiegt werden. Aber der einzige Spiegel in dieser Welt befindet sich im Haus einer bösen Hexe.
Episodisch schreitet die Handlung voran und bleibt dabei stets nah an Rosa. Gerade weil sie keine strahlende Heldin ist, ist sie so eine gute Identifikationsfigur. Eine Figur, die mit den Kindern wächst und sich entwickelt und schließlich triumphieren darf. Unheimliche Figuren wie der Steintroll – eigentlich: die Steintroll-Frau – oder die Hexe wiederum wirken nur auf den ersten Blick bedrohlich. Dem Film gelingt es, sie als Antagonistinnen zu etablieren, aber nicht zu reinen Schreckfiguren zu degradieren. Ganz im Gegenteil: Auch in ihnen findet er am Ende noch eine Seele.