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Filmkritik
Dieses auf der Biennale in Venedig 1951 und inzwischen in den USA mit einem "Oskar" prämiierte japanische Filmwerk verblüfft den westlichen Kritiker nicht etwa nur durch den Reiz des Fremdartigen. Er findet vielmehr bestätigt, daß die Gesetze des Dramas, wie sie Inder und Griechen prägten, Gemeingut aller Völker sind. Daß die durch Rückblenden kunstvoll verknotete balladeske Handlung ins 11. Jahrhundert zurückverlegt ist, gibt ihr einen eigenartigen Legendenglanz, der den Europäer vollends verwirrt..
Drei Menschen suchen vor einem urgewaltigen Wolkenbruch in einer Tempelruine Schutz: Zen-Priester, Holzfäller und Knecht. Ihr Gespräch kreist um ein grausiges Verbrechen: Der berüchtigte Bandit Tagiomanu überfiel ein Ehepaar, tat der jungen Frau Gewalt an vor den Augen des gefesselten Gatten und tötete ihn. Dieser an sich unkomplizierte Tatbestand erscheint in vierfacher Abwandlung. Jedesmal ist der Hergang der Tat anders, da die vor Gericht Aussagenden aus selbstsüchtigen Gründen die blanke Wahrheit bemänteln. Der Bandit prahlt in eitler Hervorkehrung seiner Tapferkeit von einem Schwerterkampf, um seine feige Mordlust zu beschönigen; Die junge Witwe verbirgt ihre wollüstigen Empfindungen, der Getötete (seine Aussage wird von einem Zauberweib aus dem Geisterreich beschworen) seine schwächliche Ohnmacht, der Holzfäller seine Augenzeugenschaft; er ließ vom Tatort einen kostbaren Dolch verschwinden, den die junge Frau verlor. Den Priester packt ob der Lügenhaftigkeit der Menschen wortloses Entsetzen, das sich zur Verzweiflung steigert, als der Knecht einem im Tempel ausgesetzten Säugling die wärmende Decke stiehlt und sich hohnlachend entfernt. Da bittet der reuige Holzfäller den Priester, der ängstlich das Findelkind vor ihm versteckt, es zusammen mit seinen sechs Kindern aufziehen zu dürfen. Diese Schlußszene führt zu einer Aussage von echter Größe: Der Mensch ist durch seine Schuld in Lüge und Bosheit verstrickt, doch besitzt er die Kraft zur Liebe und Barmherzigkeit, die ihm die verlorene Menschenwürde zurückgeben. - Die Charaktere der handelnden Personen sind plastisch herausgemeißelt. Ihre Darsteller zeigen das unergründliche, undurchdringliche Lächeln des Ostasiaten und decken plötzlich in einer elementar-explosiven Gebärdensprache das Geheimnis ihrer Physiognomien auf. Regie, Kamera und Schnitt, ausgezeichnet abgestimmt, bevorzugen mit Ausnahme der wirbelnden Schwerter-Kampfszenen das Stilelement der kontemplativen Ruhe, das wir nur zu leicht als Langatmigkeit mißdeuten könnten. Ohne Verständnis der japanischen Mentalität dürfte es dem breiten Kinopublikum schwerfallen, dieses ungewöhnliche Filmwerk richtig zu würdigen.