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Filmkritik
„Bibi & Tina“, „Ostwind“, „Wendy“, „Hände weg von Mississippi“, „Immenhof“ und „Rock My Heart“: Die Liste der erfolgreichen deutschen Pferdemädchenfilme und ihrer Fortsetzungen und Remakes ist lang. Da die junge weibliche Zielgruppe sich immer wieder erneuert, können Produzenten darauf bauen, mit weiteren filmischen Abenteuern um Mädchen und Pferde stets neue Interessentinnen zu finden.
Jetzt hat sich Markus Dietrich, der sich mit Kinofilmen wie „Sputnik“, „Invisible Sue“, „Willi und die Wunderkröte“ oder „Die Mucklas und wie sie zu Petterson und Findus kamen“ als vielseitiger Kinderfilmregisseur etabliert hat, erstmals dem Untergenre des Pferdemädchenfilms zugewandt. Dabei stützen sich er und sein Drehbuchkollege Peter Freund auf die 2014 gestartete populäre Kinderbuchreihe der österreichischen Autorin Usch Luhn, die bisher 21 Bände über das Mädchen Anni und das Wildpferd Ponyherz geschrieben hat. Plus seit Juli 2023 auch die Spin-off-Reihe „Ponyherz und Herr Franz“.
Enttäuschung und Mobbing
Im Mittelpunkt des Films steht die elfjährige Anni (Martha Haberland), die mit ihren Eltern (Sophie Lutz und Christoph Letkowski) sowie dem kleineren Bruder Lars (Levi Drozd) von Hamburg aufs Land zieht. In einem Dorf wollen die Eltern eine Gärtnerei aufbauen. Anni träumt schon lange davon, ein eigenes Pferd zu bekommen. Doch die Familie kann sich das vorerst nicht leisten. Zu dieser Enttäuschung kommt hinzu, dass das Mädchen in der neuen Schule von den Mitschülerinnen Pia (Felizia Trube) und Bine (Amely Trinks) gehänselt und angefeindet wird. Allerdings erweist sich der charmante Klassenkamerad Lorenz (Franz Krause), der auf dem Pferdehof seines Onkels Pieter (Peter Lohmeyer) lebt, als wertvolle Stütze.
Als Anni in der Schule Opfer einer fiesen Mobbing-Aktion wird und in den Wald flieht, begegnet sie einem braunen Wildpferd. Weil das Tier auf der Stirn eine markante weiße Blesse hat, nennt sie es Ponyherz. Es stellt sich heraus, dass Ponyherz zu einer Herde von Wildpferden gehört, die auf dem weitläufigen Freigelände des Grafen von Merfeld (Dieter Hallervorden) lebt. Doch kaum hat Anni mit Ponyherz Freundschaft geschlossen, erscheinen zwei Pferdediebe aus Belgien, die die Herde stehlen und verkaufen wollen. Das müssen Anni und Lorenz unbedingt verhindern.
Die schmale Story ist geradlinig und schnörkellos weitgehend aus der Kinderperspektive erzählt. Auch wenn die Geschichte größtenteils vorhersehbar ist, bietet der Film im Detail doch mancherlei Überraschungen – etwa in den Dialogen. In einer Szene, in der Pieter gerade ein schwieriges Pferd trainiert und Lorenz vergeblich versucht, Anni anzurufen, will der verständnisvolle Onkel den Neffen trösten; der aber entgegnet: „Hör’ auf, mich zu lesen. Ich bin keines deiner Problempferde.“ Eindrucksvoll sind auch Aufnahmen der galoppierenden Wildpferde sowie weitläufiger Wiesen und Wälder von der versierten Kamerafrau Leah Striker.
Ein sensibles Pferd kommt gerade recht
„Ponyherz“ ist in erster Linie ein Film über Freundschaften. Zwischen Tier und Mensch, aber auch zwischen Menschen. Anni hat in Hamburg ihre beste Freundin Mara zurückgelassen und tut sich anfangs schwer, sich in die neue Umgebung einzufügen. Sie wird aber auch von ihren überarbeiteten Eltern vernachlässigt. Da kommt ein sensibles Pferd gerade recht, das sie trösten kann und mit dem sie sich magisch verbunden fühlt. Auch mit Lorenz schließt Anni Freundschaft, wobei sich ins kameradschaftliche Verhältnis bald romantische Impulse drängen, auch wenn es bis zum ersten zarten Kuss lange dauert.
Mit ihrer Einsamkeit, Unsicherheit und Desorientierung sowie ihrer Sehnsucht nach Akzeptanz und Geborgenheit wird das Mädchen zur Sympathieträgerin. Aber auch Lorenz erweist sich als überraschend starke männliche Identifikationsfigur, die einfühlsamer und zurückhaltender agiert als die impulsive Heldin. Die lässt sich leicht provozieren und neigt zu jähzornigen Ausbrüchen.
Dass Martha Haberland und Franz Krause schon über einige Kameraerfahrung verfügen, merkt man ihnen im positiven Sinne nicht an, spielen sie doch natürlich und ausdrucksstark. Auch Felizia Trube und Amely Trinks brauchen sich als letztlich doch lernfähige Kratzbürsten Pia und Bine nicht zu verstecken.
Im Vergleich zu den Kindern fallen die Zeichnungen mehrerer Erwachsenenfiguren deutlich ab. Während Annis Eltern und Pias Mutter im konventionellen Rahmen fürsorgliche, wenngleich zuweilen überforderte Erziehungsberechtigte bleiben, wirken die Pferdediebe und ihr bösartiger Anführer sowie zwei tollpatschige Radfahrpolizisten wie alberne Witzfiguren, die aus der Klamottenkiste des deutschen Kinderfilms entsprungen sind. Als schrulliges Original mit einer Überempfindlichkeit gegen Sonnenstrahlen setzt dagegen Graf von Merfeld immerhin humorvolle Akzente – Dieter Hallervorden, der bereits in dem Kinderfilm „Rock My Heart“ (2017) einen Pferdetrainer gespielt hat, verkörpert den gutmütigen Adeligen und ambitionierten Naturschützer mit sichtlicher Spielfreude.