- RegieRon Howard
- ProduktionsländerVereinigte Staaten
- Dauer114 Minuten
- GenreDokumentarfilmMusikBiographie
- Cast
- AltersfreigabeFSK 6
- IMDb Rating7.6/10 (919) Stimmen
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Filmkritik
Der Film über den Heldentenor Luciano Pavarotti beginnt mit Aufnahmen aus dem Amazonas-Dschungel, von einem Opernhaus in Manaus, auf dessen Bühne einst Enrico Caruso gestanden haben soll, dem Pavarotti am Anfang seiner Karriere auf einer Art Pilgerreise eine bescheidene Huldigung darbringt. Filmfreunde werden sich bei diesen Bildern sogleich an „Fitzcarraldo“ von Werner Herzog erinnern.
Wer jedoch angesichts dieser Parallelität seine Hoffnung darauf richtet, dass auch die Inszenierung von Regisseur Ron Howard ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Entwicklung eines extremen Menschenbildes widmet, der sieht sich getäuscht. Viel zu wenig durchbricht hier die sattsam bekannten Klischees, mit denen die Marketingindustrie Pavarotti-Fans jahrzehntelang überschwemmt hat.
Ron Howard, der einstige Kinderstar, der dann in gereiftem Alter mit „Apollo 13“ durch die Inszenierung einer allseits bewunderten Sternenoper seinen Namen ins Register der großen Hollywood-Regisseure geschrieben hat, entwirft ein schillerndes Porträt des gefeierten Sängers, lässt aber ähnlich wie in „Apollo 13“ eine Hinterfragung des Triumphs weitgehend vermissen.
Der unstillbare Appetit des Sängers
Howard stellt zwar Fragen, aber er findet in dem Dickicht aus Interviews, Familienfotos, Dokumentaraufnahmen und Arien kaum Antworten. Insgesamt 53 neue, bisher unveröffentlichte Gespräche mit Angehörigen, Publizisten, Managern und Kollegen hat Howard zusammengetragen oder selbst initiiert.
Allerdings widmet er dem Seidentuch in Pavarottis Hand oder dem unstillbaren Appetit des Sängers auf italienische Hausmannskost oft mehr Aufmerksamkeit als dessen Psyche, deren Fragilität meist nur angedeutet wird. Die Intimität mit dem Menschen Pavarotti, die man von einem Film wie diesem erwarten würde, bleibt in Äußerlichkeiten stecken.
Für wen hat Howard diesen Film gemacht? Das fragt man sich vergeblich. Opernfans erhalten zwar eine Fülle von Videoclips, aber der Wunsch, einmal eine ganze Arie in ihrer Entwicklung von Anfang bis Ende zu hören, wird kaum jemals erfüllt. Ist das Anbiederung an die Mentalität der Twitter-Generation oder einem mangelnden Vertrauen auf das Interesse ernsthafter Konzert- und Opernbesucher geschuldet? Das Tamtam um die „drei Tenöre“, Pavarottis bekanntestem Schritt, sich der breiten Masse anzubiedern, wird flächendeckend vorgeführt. Howard kostet auch Pavarottis Kooperation mit dem Sänger Bono und anderen Pop-Stars für all jene aus, die mit klassischer Musik weniger anfangen können.
Störendes wird an den Rand gedrängt
Alles das gehört gewiss zur Biografie des Sängers hinzu; doch Pavarotti als Wunderkind, dem neun hohe Cs wie in Donizettis „Regimentstochter“ keine Mühe machen, Pavarottis jugendlicher Charme, Pavarottis später Altruismus – all das wirkt in „Pavarotti“ wie die Sammelstücke in einer Illustrierten, hinter denen der Mensch immer nur andeutungsweise zu Tage tritt.
Bezeichnend für das populistische Konzept des Films ist, wie Ron Howard mit der brüchigen Beziehung Pavarottis zu seinen Töchtern und mit den Affären umgeht, die seine erste Ehe zerstört haben: Er drängt sie an den Rand, wo sie die Bewunderung für den begnadeten Künstler nicht stören können. Ähnlich ergeht es dem langjährigen Manager Pavarottis, Herbert Breslin, der ausführlich zu Wort kommt, doch dessen Bruch mit Pavarotti oder Pavarottis Bruch mit ihm nicht einmal erwähnt, geschweige denn hinterfragt wird. Pavarottis professioneller Abstieg im letzten Jahrzehnt seines Lebens, der immer häufiger zu Absagen von Auftritten führte und ihn bei der Londoner Royal Opera zur Persona non grata machte, kommt so gut wie gar nicht vor.
„Pavarotti“ ist auf diese Weise ein hagiografischer Film geworden, der nicht einmal formal in Bann schlägt. Seine außer von grenzenloser Bewunderung durch nichts inspirierte konventionelle Machart verpasst es sogar, Spannung zu erzeugen oder dramatische Höhepunkte zu schaffen. Nicht beschädigt wird dadurch allerdings der unvergleichliche Glanz von Pavarottis Stimme.
Eine Fleißarbeit fürs große Publikum
Wollte man den Eindruck von Ron Howards „Pavarotti“ in einem Satz zusammenfassen, so ließe sich der Film am ehesten als Fleißarbeit fürs breite Publikum beschreiben, die mehr in die Breite als in die Tiefe geht. Gerade auch in Erinnerung an „Fitzcarraldo“ sieht man hier, wie unterschiedlich die Entwicklung eines Menschenbildes, gerade wenn es sich in Extremen vollzieht, auf der Leinwand aussehen kann.