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Filmkritik
Die alte Welt, unsere Welt, ist schnell vergessen. Ein gewaltiger Sandsturm rollt sie mitsamt der Wüste und dem Ranger-Team um die Soldatin Artemis (Milla Jovovich) auf. Eine Front aus schwarzem Sand schleudert sie in eine fremde Welt. Was für wenige Momente aussieht wie ein anderer Teil der irdischen Wüste, offenbart sich schnell als gänzlich fremder, geografisch und architektonisch zu unnatürlichen Höhen aufgetürmter Weltentwurf.
Für Paul W.S. Anderson ist der dem Videospiel „Monster Hunter“ nachempfundene Entwurf die perfekte Spielwiese für einen architektonischen Blick, mit dem der Regisseur wie kein anderer Filmemacher das Actionsegment des zeitgenössischen Blockbusterkinos gestaltet. Dunkle Felsen ragen in einer fast weißen Wüste empor und deuten in Farbe und Form bereits die Gefahr an, die tagsüber die fremde Wüste heimsucht. Schon bald hat das haushohe Ungetüm, unbeeindruckt von den Waffen der Soldaten, einen Teil der Mannschaft verschlungen, um sich nachts zurückzuziehen und das Feld einem im Untergrund versteckten Spinnenschwarm zu überlassen, der den Rest des Teams überfällt.
Jäger in fremden Jagdgründen
Die Soldaten um Artemis sind hier nicht mehr die Spitzenprädatoren, die sie auf der Erde darstellen. Sie sind Jäger in fremden Jagdgründen, schlecht angepasst, mit ungeeigneter Technologie und damit am unteren Ende einer Nahrungskette, das sich die Kolosse und Schwarmjäger mit den wenigen Menschen teilen wie dem namenlosen, von Tony Jaa gespielten Jäger, der in einer befestigten Felsenhöhle überlebt. „Above my paygrade“, sind die Worte, die einer der Soldaten in dieser Situation findet, bevor der Film die dazugehörige Realität nachschiebt und den Teil der Truppe, der sich nicht schnell genug angepasst hat, als Monsterfutter serviert.
Für die sonst obligatorische Sentimentalität von der Stange bleibt in „Monster Hunter“ keine Zeit. Das Überlebenshandwerk und das dazugehörige Spektakel nehmen fast den gesamten Raum des Films ein, den die Inszenierung in die digitalen Strukturen eines Videospiels zerteilt. Die Vorlage ist dabei eher Stichwortgeber als erzählerisches Vorbild. „Monster Hunter“ ist nach einem Level-System geordnet, das mit dem Sieg über ein Monster den Weg in die nächste Zone freigibt, die, den Gesetzen der fremden Dimension entsprechend, jeweils eine völlig neue und eigenwillige Geografie mit sich bringt.
Eine feministische Nische
Die Dramaturgie hängt sich wie ein Trittbrettfahrer an diesen Oberflächen. Das Herzstück von „Monster Hunter“ ist dementsprechend nichts anderes als der Versuch, die fremde Natur zu erfassen, zu navigieren und schließlich möglichst unbeschadet und an einem Stück wieder zu verlassen. Ein erzählerisch gnadenlos zusammengestutztes Fundament, das in der dynamischen Geografie, mit Waffen und Monstern in Videospielgröße und zwei bestens aufgelegten Actionstars umso spektakulärer ausgespielt wird.
Jaa und Jovovich schaffen es, die als Zweckbündnis gegen die Übermacht der Monster begonnene Kameradschaft zu einer aufrichtigen, Sprach- und Kulturbarrieren überschreitenden Freundschaft mit Geschwisterdynamik wachsen zu lassen. Das Ergebnis ist eine Begegnung fernab gängiger Geschlechterdynamik. Die nach der antiken Jagdgöttin benannte Rangerin mit militärischem Hightech-Gerät und der einheimische Jäger mit antiken Waffen treten nicht als hochkomplexes Charakterduo oder verwegene Mischung aus Archetypen auf, sondern nähern sich im höchst eigenwilligen Rhythmus aus körperlichem Schlagabtausch und aufrichtiger Empathie einer Freundschaft auf Augenhöhe an.
In diesem Sinne ist „Monster Hunter“ auch eine sehr konsequente Weiterentwicklung der Zusammenarbeit des Ehepaars Jovovich & Anderson, das eine weitgehend von hochtrabenden Ermächtigungsgesten befreite feministische Nische in der Welt der computergenerierten Monster geschaffen hat.