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Filmkritik
Der pensionierte Krankenpfleger Dave (Dave Johns) geht mit seiner sanften Schäferhündin Tilly gerne in einem Park im Norden Londons spazieren. Dort treffen die beiden auf Fern (Alison Steadman) und ihren impulsiven kleinen Yorkshire-Terrier Henry. Da Tilly nicht angeleint ist, macht Fern ihrem Besitzer heftige Vorwürfe. Doch als Dave sich bei der nächsten Begegnung entschuldigt, ist das Eis gebrochen. Während ihre Hunde sich schnell anfreunden, kommen sich auch die beiden Senioren näher. Zumal sie feststellen, dass sie beide in sozialen Berufen gearbeitet haben: Dave war Pfleger in der Psychiatrie, sie hat als Empfangsdame in einem Therapiezentrum gearbeitet.
Geheimnisse aus der Vergangenheit
Bei ihren fast täglichen Runden mit den Hunden laufen sich Dave und Fern immer wieder über den Weg und entwickeln eine wachsende Vertrautheit. Die enger werdende Beziehung stößt allerdings bei Daves Tochter Donna auf heftige Bedenken. Auch Fern tritt auf die Bremse: Sie hat noch immer nicht verwunden, dass ihr wohlhabender zweiter Ehemann sie für seine junge Sekretärin verlassen hat. Und auch Dave sieht sich gezwungen, ein Geheimnis zu lüften, das schon lange auf ihm lastet und ihre noch fragile Beziehung zu untergraben droht. Allerdings ist auch Fern kein reiner Engel; sie hat ebenfalls etwas Wichtiges aus ihrer Vergangenheit verschwiegen.
„Mit Herz und Hund“ von Paul Morrison fußt auf dessen eigenen Erfahrungen eines leidenschaftlichen Hundeliebhabers und verbindet diese mit einer unprätentiösen Liebesgeschichte zwischen zwei Senioren, die in ihren Biografien ebenfalls reichlich Lebenserfahrungen gesammelt haben. Zum Glück zählt der Film nicht alle Spaziergänge des englischen Originaltitels „23 Walks“ einzeln auf, sondern wechselt zwischen den idyllischen Aufnahmen von Wanderungen durch Londoner Parks im Laufe der Jahreszeiten zu anderen Schauplätzen wie Wohnungen, Pflegeheim, Krankenhaus, Spielplatz oder Wohnungsamt. Die Inszenierung vergegenwärtigt die privaten und gesellschaftlichen Komplikationen, die eine Romanze in späten Lebensjahren auslösen kann, so kenntnisreich wie authentisch, egal ob es sich dabei um eifersüchtige Ex-Gatten, egoistische erwachsene Kinder, Bindungsängste, Geldsorgen oder die Furcht vor sexuellem Versagen handelt.
Männern gegenüber misstrauisch
Getragen wird der für die sogenannten „Best Ager“ konzipierte Film von den beiden versierten Hauptdarstellern, die sich souverän die Bälle zuspielen. Dave Johns, der in der Titelrolle in Ken Loachs „Ich, Daniel Blake“ (2016) den Durchbruch schaffte, verkörpert den vom Leben gebeutelten und in Geldnöten steckenden Dave als Mann mit sanftem Gemüt, der sich auch von schweren Schicksalsschlägen nicht aus der Bahn werfen lässt. Und Alison Steadman gibt mit zurückhaltender Mimik und Gestik die resolute Fern als typische Mittelschichtsfrau, die in einem hübschen Haus wohnt, manchmal „Stimmungen“ hat und Männern gegenüber misstrauisch geworden ist.
Nur beiläufig, dafür aber umso eindringlicher schneidet der bedächtig entwickelte Film die Schattenseiten des britischen Sozialstaats an. So zwingt das Wohnungsamt Dave, der mit seinen Mietzahlungen in Rückstand geraten ist, zum Umzug in ein verschimmeltes Appartement in einem trostlosen Hochhaus, weit weg von Tochter und Enkelkindern. Als er Fern von dieser Ungerechtigkeit erzählt, reagiert diese empört: „Du hast dich Jahrzehnte lang für Menschen eingesetzt. Das ist so gemein.“ Und als Dave einer sozialen Einrichtung anbietet, als ehrenamtlicher Berater für sie tätig zu werden, wird er kaltschnäuzig abgewiesen – wegen angeblich mangelnder Qualifikation.