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Filmkritik
Liebe ist stärker als der Tod. Zumindest, wenn man Liedern oder den Fantasy-Filmen glaubt, in denen niemand so ganz geht, weil man alle(s) zurückholen kann, wenn man nur fest genug daran glaubt oder über die nötigen Superkräfte verfügt.
Als wenn das mit der Liebe so einfach wäre! Marinette ist sich zwar der bedingungslosen Zuneigung ihrer Eltern sicher, die im Herzen von Paris eine gutgehende Bäckerei betreiben und ihre Tochter auf die beste Schule der Stadt schicken. Aber was bedeutet diese Liebe schon, wenn man innerhalb der sozialen Bezugsgruppe als Nerd, Trampel und Außenseiterin abgestempelt wird? Wer an Minderwertigkeitskomplexen leidet, kann das mit der Liebe erst einmal knicken.
Wer ein gutes Herz hat
Auch in Adriens Leben ist das mit den Gefühlen nicht ganz so einfach. Wie auch, wenn sein Vater Gabriel Agreste ganz in seinem Beruf als Modeschöpfer aufgeht und mit seinem Erfolgswahn den Verlust seiner über alles geliebten Ehefrau kompensiert. Adrien muss erkennen, dass er da nur den Kürzeren ziehen kann. Wenn er es genau nimmt, hat er also gar keine Eltern mehr. Aber zumindest ist er reich und ziemlich attraktiv. Das Ansehen in derselben Schulgemeinschaft, in der Marinette um ihr Dasein streitet, ist ihm daher sicher. Das It-Girl Chloé, die Tochter des Bürgermeisters, hat ihn schon für den Schulball ins Auge gefasst. Was Marinette und Adrien indes über die gesellschaftlichen Schranken hinweg eint, ist ein gutes Herz, und das ist zumindest im Fantasyfilm ein ganz besonderes Plus.
„Miraculous – Geschichten von Ladybug und Cat Noir“ ist eine seit 2016 im deutschen Fernsehen laufende Fantasy-Action-Animationsserie, die in einer Welt spielt, in der Probleme und Gefahren für die Menschheit durch magische (Schmuck-)Steine, die „Miraculous“, gebannt werden können. Diese magischen Artefakte werden von Master Wang Fu verwaltet, der sehen kann, wer ein gutes Herz hat; das braucht man, um mit der Kraft der Magie, aber auch der Bürde, die damit einhergeht, umzugehen.
Marinette und Adrien sind zwei dieser Auserwählten, doch noch wissen sie das nicht voneinander. Sie gehören fortan zu den menschlichen Superhelden, die sich durch Dress und Maske von ihrem Alltagsdasein lösen und als „Ladybug“ und „Cat Noir“ (noch) auf getrennten Wegen für das Gute sorgen. Das lässt Marinette eher verantwortungsvoll und Adrien eher etwas rabaukenhaft werden, ganz so, wie es ihnen die in den Steinen lebenden Geister – die Kwamis – ins Ohr flüstern.
Im Wahn gefangen
Zu allem Guten gesellt sich bekanntlich aber das Böse. Im ersten Kinoabenteuer der Serienfiguren ist es ausgerechnet Adriens Vater Gabriel, der sich ebenfalls eines magischen Steins bemächtigt hat, was bei ihm allerdings dazu führt, das Negative zu verstärken. Im Wahn gefangen, seine tote Frau aus dem Jenseits zurückzuholen, ist er sogar bereit, Paris mit allerhand verschlagenen Helfershelfern zu bevölkern. Und so kämpfen die Guten gegen die Bösen, ohne zunächst zu wissen, mit wem sie es wirklich zu tun haben.
Das ist die Grundkonstellation von „Miraculous: Ladybug & Cat Noir – Der Film“, in dem bekannte Elemente aus der Serie variiert und mit kinogerechten Elementen kombiniert werden. Neben dem weit höheren Budget, das sich in erster Linie durch qualitativ hochwertiges Design und atemberaubende Actionsequenzen äußert, ist die Story um etlicher Nebenfiguren verschlankt und durch einen besonderen Kniff bereichert: „Miraculous: Ladybug & Cat Noir – Der Film“ ist zuallererst ein animiertes Musical, in dem die Protagonisten – und mitunter auch ihre Gegenspieler – ihr Seelenleben durch eingängige Arien und Duette offenbaren. Mehr als eine Handvoll Gesangsnummern kommen so zusammen, was die ganze Spannungsdramaturgie bestimmt und den Actionsequenzen ein mitunter vielleicht zu kitschiges Korrektiv zur Seite stellt.
Denn neben all den Fantasy-Aspekten, dem Superhelden-Spektakel und den Selbstfindungs-Eskapaden der Jugendlichen ist „Miraculous: Ladybug & Cat Noir – Der Film“ vor allem auch ein Liebesfilm. Ein doppelt tragischer zumal. Denn da Marinette und Adrien (noch) nichts von ihren Geheimnissen wissen, wissen sie auch nicht, dass sie sich lieben. Das ist nicht ganz unkompliziert: Während „Ladybug“ in den Adrien aus der Schule verknallt ist, weist sie die Avancen von „Cat Noir“ ab, der sich insgeheim in „Ladybug“ verliebt hat, nicht wissend, dass sie ja eigentlich Marinette ist. Das ist sehr melodramatisch und vor allem für die vornehmlich junge weibliche Zielgruppe ein Grund, warum sie die inzwischen fünf Staffeln der Serie mit so viel Herzschmerz begleitet hat.
Die Welt zu einer besseren machen
Kommen sie nun endlich zusammen und besiegeln das mit einem Kuss? Das ist hier viel spannender als all die Kämpfe gegen irgendwelche Bösewichte. Deshalb wirkt auch der Fantasy-Part um den verwirrten Vater von Adrien, der unbedingt seine dreiköpfige Familie wiederhaben will, ein wenig unausgegoren und die Zerstörungsorgien in Paris, besonders jene in Notre Dame, eher befremdlich und wie eine Anbiederung an durch Marvel- und DC-Comicverfilmungen sozialisierte Actionfans. Hierfür muss man wohl wissen, dass sich die Produktion des Films einige Jahre hinzog, weshalb der reale Brand von Notre Dame manche Actionsequenz jetzt etwas geschmacklos erscheinen lässt.
Die Zielgruppe wird das indes nicht stören. Sie wird in den Liedern schwelgen, alle logischen Brüche verzeihen und die Prämisse bejubeln, dass Adrien und Marinette nur im Team – und als Liebespaar – die Welt zu einer besseren machen.