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Filmkritik
Jacques Tati ist schon längst zu einem Begriff des französischen Films geworden. Er steht einzig in Frankreichs Produktion, einsam auf weiter Flur. Bereits sein erster Film, den der wenig Bekannte in eigener Regie schuf und in dem er die Hauptrolle spielte ("Tempo, Tempo"), eroberte im Sturm die Filmkritiker und auch die großen Massen. Tati entpuppte sich schon damals, vor elf Jahren, als ein höchst eigenwilliger Künstler, voll turbulenter Einfälle, von tiefer Gute und Menschlichkeit, vor allem aber von unwiderstehlichem Humor. Dann folgte, fünf Jahre darauf, der Film "Die Ferien des Herrn Ülo" mit einer Unmenge von kunstgerechten Gags in einer kaum nachzuerzählenden Story. Wer es zustande bringt, für zwei Stunden einmal dem Dickicht seiner täglichen Sorgen zu entrinnen und sich im bequemen Kinosessel einfach überraschen zu lassen, amüsiert sich köstlich; er kommt aus dem Lachen oder doch aus einem beglückten Schmunzeln kaum mehr heraus. Eine nacherzählbare Geschichte besitzt auch dieser neue Tati-Film nicht; der Rezensent muß sich mit Andeutungen begnügen. Monsieur Hulot, der lebensklugweltfremde Held schon des Ferien-Films, nimmt sich diesmal in der Stadt eines kleinen Neffen an. Dessen Eltern sind Hulots perfekte Antithese: reiche, modernistische Snobs, Roboter des technisierten Zeitalters, mit entsprechend vollautomatisierter Komfortvilla. Onkel Hulot ist des Jungen Freund. Er rettet ihn aus einem kalten Dasein in seine eigene Welt der warmherzigen Mitmenschlichkeit und der romantischen Phantasie, bis mit dem Buben auch Vater und Mutter schließlich umerzogen sind. - Tati ist nun nicht nur älter geworden, sondern auch bedächtiger und gereifter, was der Lebendigkeit seines Werkes nicht unbedingt förderlich ist. Mag sein, daß er dadurch ein klein wenig von seiner spritzigen, impulsiven, unvorhersehbaren Eigenart verloren hat. Man hat beim Film "Mon Oncle" jedenfalls oft den Eindruck, daß die einzelnen Späße nicht mehr allein aus der Tiefe einer reichen momentanen Inspiration hervorquellen, als Frucht einer souveränen Improvisation, sondern daß alles mehr als früher vorbereitet, am Schreibtisch ausgeheckt und nach einem genau bestimmten Programm gedreht wurde. So entstand denn eine sehr breite, wenn auch höchst sinnvolle Komödie, bei der man aber den Funken spontaner Phantasie etwas vermißt. Tortzdem gehört sie zu denen, die man gesehen haben sollte, sie ist von unvorstellbarem Charme, voll einzigartiger Ideen. Sehr bemerkenswert ist wieder Tatis Gestaltungsmethode. Der Film ist in symbolisierenden Farben gedreht - kalt und ziemlich heftig, wenn sie die moderne Welt definieren, zart und nuanciert, wenn sie die Welt malen, wie sie Herrn Hulot teuer ist. Die Hauptperson der Satire spielt Tati auch hier selber, eine träumerische Persönlichkeit, deren Silhouette ihre Unfähigkeit markiert, sich einem kalten und entmenschlichten Dasein anzupassen. Die Musik nimmt das Thema auf ihre Weise auf und begleitet es mit originellem Humor, so daß die Komik des Films sich wesentlich visuell und akustisch bestimmt. Die Geringschätzung der üblichen Wortkomik kommt darin zum Ausdruck, daß Hulot fast stumm agiert. Leider wird der Film synchronisiert.