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Filmkritik
Die Analogie ist so plakativ wie treffend: Für die Schülerin Cady (Angourie Rice) geht es aus der Savanne in den Dschungel, als sie mit ihrer Mutter aus Kenia zurück in die USA zieht. In der Hackordnung der High School gelten allerdings andere Regeln als beim Homeschooling. Das wird Cady gleich am ersten Schultag klar. Der Schulkorridor wandelt sich zum Laufsteg, die Cafeteria zum Cliquentreff, und alle, die noch keinen Stammplatz haben, werden wie Freiwild mit hungrigen Blicken von oben bis unten gemustert. Wo wird Cady ihren Platz finden? Bei den Sportlern, den Künstlern oder den Mathe-Cracks?
Die ultimative Demütigung für alle besteht in dem Satz: „You can’t sit with us – Bei uns kannst du nicht sitzen.“ Eine Clique verteilt diesen Todesstoß besonders häufig und so genüsslich, dass er mittlerweile zum geflügelten Wort geworden ist: die Plastics, eine Mädchengang um die Anführerin Regina George (Renée Rapp) – platinblond, perfide und deshalb von Schülerschaft und Lehrerkollegium gleichermaßen gefürchtet.
Ein Remake des „Girls Club“ 2004
Dieser Plot klingt vertraut, denn die titelgebenden „Mean Girls“ sind nicht zum ersten Mal auf der Leinwand. Bereits 2004 machte die Komikerin Tina Fey ein Drehbuch aus den Erziehungsratgeber „Queen Bees and Wannabes“, in dem sie genau dieses Machtgefüge von High-School-Cliquen und deren Bedeutung für den Schulalltag analysierte. „Mean Girls“ erschien in Deutschland damals unter dem Titel „Girls Club – Vorsicht bissig!“. Jetzt also „Mean Girls – Der Girls Club“.
Auch diesmal zeichnet Tina Fey für das Drehbuch verantwortlich und ist wieder in der Rolle von Mathe-Lehrerin Ms. Nobury zu sehen. Auch die Handlung ist dieselbe. Die beiden Individualisten Janis (Auli’i Cravalho) und Damian (Jaquel Spivey) nehmen Cady unter ihre Fittiche und führen sie in das Sozialgefüge der Schule ein. Ihre ausdrückliche Warnung lautet: Lass dich nicht mit den Plastics ein, sie werden dich zerstören. Doch die unbedarfte Cady weckt das Interesse der Anführerin Regina George. Die schnappt ihr aber aus Bosheit bald den Schwarm Aaron (Christopher Briney) weg. Cady wird darüber zur Agentin der Gegenseite: Sie horcht für Janis und Damian die Plastics aus, um Regina George ein für alle Mal das Handwerk zu legen.
Das geht in beiden Filmen gehörig schief, denn Cady lernt auch die Vorteile kennen, die eine Mitgliedschaft bei den Plastics hat: Aufmerksamkeit und Respekt.
Gefährliche Mischung: Respekt & Angst
Der erste Film schlug 2004 wie eine Bombe ein und hat mittlerweile Kultstatus erreicht. Das Schlagwort „Mean Girls“ steht für ein manipulatives, ausgrenzendes und selbstherrliches Verhalten, das die Plastics etabliert haben. Sie selbst würden es wohl als Überlebensstrategie bezeichnen; ihre Opfer eher als systemisches Mobbing. Respekt und Angst liegen dabei näher beieinander, als es sich beide Seiten eingestehen wollen.
Angesichts sozialer Bewegungen wie „#MeToo“, die es in der Zwischenzeit gibt, lassen sich die Mean Girls auch in Verwandtschaft mit anderen Gruppen lesen, die Macht- und Sozialdynamiken für ihre Zwecke ausnutzen. Damit ist auch klar, weshalb der Stoff der „Mean Girls“ auch heute noch aktuell ist. Während Erwachsene über die Allüren der Teenager lachen müssten, betrachten junge Mädchen diese Filme eher als Reality-TV, erklärt Tina Fey in einem Interview. Die Mechanismen beider Filme seien zu nahe an der eigenen Lebensrealität. Glücklicherweise hat sich zumindest das Bewusstsein der Erwachsenen in der Zwischenzeit geschärft und weiterentwickelt.
„You can’t sit with us“ lautet seit zwei Jahrzehnten der Slogan dieser Mean Girls und hat sich längst über Film- und High-School-Cliquen hinaus verselbstständigt. Denn die Mean Girls verlassen irgendwann ja die Schule und bevölkern dann Großraumbüros, Fitnessstudios und Elternbeiräte. Busy Philipps, einst das Mean Girl in der High-School-Serie „Voll daneben, voll im Leben“ (1999-2000), ist hier als Mutter von Regina George zu sehen, eine Mittvierziger-Version ihrer eigenen Tochter. Im pinkfarbenen Hausanzug biedert sie sich an die Teenagerinnen an, will den neuesten Schultratsch hören und Freundin statt Elternteil sein. Sie sei nicht wie die anderen Mütter, erklärt sie Cady bei deren erstem Besuch, was nur sie selbst als Adelung versteht.
Die Karaoke-Version eines Musicals
„Mean Girls“ ist auch deshalb im Gedächtnis geblieben, weil das System immer noch besteht und sich bestenfalls transformiert hat. Der erste Film erschien obendrein während eines medialen Umbruchs: MySpace und Facebook waren gerade im Anmarsch und beeinflussten das Sozialverhalten der Jugendlichen; das Remake greift das natürlich auf. 2017 erschien ein Musical, dessen wichtigste Songs auch im Film platziert sind, teilweise als klassische Musical-Einlagen, aber auch als Memes und in TikTok-Ästhetik.
Man könnte „Mean Girls – Der Girls Club“ auch als Karaoke-Version eines Musicals über die Verfilmung eines Erziehungsratgebers interpretieren, weichgespült bis zur inhaltsleeren Hülle. Auf dem Papier mag das sogar stimmen. Doch der Sog des Films lässt sich nur verstehen, wenn man die vier Medien Karaoke, Musical, Film und Ratgeber als Aggregatszustände eines universellen Stoffs interpretiert, geprägt von den medialen Moden ihrer jeweiligen Entstehungszeit und dem Nutzungsverhalten des Zielpublikums. Deshalb verwundert es nicht, dass „Mean Girls“ in den USA glänzend startete und genau dort ein Eigenleben entwickelt, wo sich Teenager im Jahr 2024 zumeist aufhalten: in den sozialen Medien, dauerverfügbar auf dem Mobiltelefon.
Das macht das „Burn Book“ aus dem ersten Film zwar etwas obsolet, eine Art Anti-Poesiealbum all jener, die von Regina George verachtet und gesellschaftlich unmöglich gemacht wurden. In Zeiten von sozialen Medien ist das eine Antiquität und deshalb auch im neuen Film zu sehen. Möglicherweise spielt das Remake auch mit dem Image, auf dem es aufbaut, und reflektiert so die eigene Geschichte. Lindsay Lohan, der Star der ersten Verfilmung, hat einen liebevollen Gastauftritt, Tina Feys Mathelehrerin ist nun mit dem Schuldirektor verheiratet, der ihr damals schöne Augen machte, und für die Elterngeneration, die im ersten Film dem diabolischen und dennoch unwiderstehlichen Sog der Plastics verfiel, geben sich Serien-Altstars wie Jon Hamm und Jenna Fischer in kleinen Rollen die Ehre.