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Filmkritik
Die Weite der mit Sommerblumen übersäten Wiesen im Fürstentum Cagliostro, die sich im Wind leicht wiegen, erinnert nicht von ungefähr an die Bergwiesen aus den „Heidi“-Trickfilmen der 1970er-Jahre. Denn in beiden Fällen stammen die Bilder aus den Tuschestiften des japanischen Filmemachers Hayao Miyazaki, der die grünen Idyllen nicht naturalistisch-detailliert ausmalt, sondern ihnen als flächige Kunst seine signifikante Aura verleiht.
Durch diese Landschaft kurvt die adelige Clarissa von Cagliostro mit ihrem zerbeulten Citroën 2CV. Sie rast über die Feldwege des kleinen Fürstentums und fegt dabei fast den Meisterdieb Lupin III in einem ähnlich lädierten Fiat 500 von der Straße. Clarissa ist auf der Flucht vor bewaffneten Schergen. Für das Anime ist das eine echte Steilvorlage. Am Ende einer großartig montierten Verfolgungsjagd hängen Lupin III und Clarissa an einer Steilklippe, wo sie lediglich von einer alten Wurzel und Lupins Rettungsseil gehalten werden. Lupin III ist allerdings kein Superheld, sondern „nur“ der Enkel des berühmten Meisterdiebs Arsène Lupin. Er ist im gleichen Beruf tätig und noch ein bisschen draufgängerischer als sein Vorfahr.
In Cagliostro werden Blüten gedruckt
Stunden zuvor haben er und sein Hippie-Kumpel Daisuke in Monte Carlo ein Casino ausgeraubt, dabei aber nur Falschgeld erbeutet. Die Spur der Blüten führte sie nach Cagliostro, wo schon zu Zeiten seines Großvaters gefälschte Devisen für aller Herren Länder gedruckt wurde. Lupin III ist hinter den Fälschern her, doch dann kommt ihm Clarissa in die Quere, und alles wird ganz anders.
Denn Clarissa wird ihrerseits vom selbsternannten Grafen von Cagliostro verfolgt. Sie soll den windigen Emporkömmling ehelichen und damit zum rechtmäßigen Herrscher über den kleinsten Staat der Welt machen. Doch Clarissa hat dazu nicht die geringste Lust – und verliebt sich überdies Hals über Kopf in den feschen Dieb.
Um alles noch etwas mehr zu komplizieren und aufregender zu gestalten, schaltet sich auch noch Inspektor Zenigata von Interpol ein, der den flinken Meisterdieb schon lang hinter Gitter bringen will. Polternd grätscht er in Lupins Jagd nach dem Fiesling Cagliostro.
Mit berauschendem Tempo
In diese Handlung sind Miyazakis schwelgerische Raumfantasien integriert: die sanften Sommerwiesen und enge Gässchen um das hoch aufragende Schloss, gestaltet in klassischer Flächigkeit, ohne Schnörkel oder 3D-Effekte, aber mit viel Gespür für Atmosphäre. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich eine aberwitzige Abenteuergeschichte. In Tempo und Spannung überflügelt „Das Schloss des Cagliostro“ mühelos alles, was Miyazaki danach vollbracht hat. Auch heute findet man kaum einen Animationsfilm, der es mit der überbordenden Manie aufnehmen kann, die hier in jeder Aktion der Akteure steckt. Ein wenig blitzt dabei auch die Lust am Absurden aus den frühen Cartoons eines Chuck Jones auf. Die sehr organische und stoffliche 2D-Animation verleiht den Abenteuern im Schloss von Cagliostro aber stets auch etwas Amüsantes und Verschmitztes, selbst wenn es dabei um Leben und Tod geht.
Hier und da lugt auch ein wenig Steampunk hervor, wenn es um die aberwitzigen Erfindungen des Grafen geht, mit denen er fliegt, kämpft oder fälscht. Auch seine Helfershelfer scheinen mitunter nicht von dieser Welt, weshalb die Spannung schon mal ins Unheimliche kippt. „Das Schloss des Cagliostro“ lädt so gleichermaßen zum Staunen und Gruseln wie zum Lachen ein; zudem kann man gar nicht aufhören, sich über die Volten zu wundern, die der Trickfilm immer wieder schlägt.