Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
„1995 bekam ein Junge namens Andy ein Spielzeug aus seinem Lieblingsfilm geschenkt. Das hier ist sein Lieblingsfilm!“, heißt es im Vorspann von „Lightyear“. „Lightyear“ ist also der Film, mit dem alles begann! Mit ihm startet die Weltkarriere des Space Rangers Buzz, die später einen kleinen Jungen dazu veranlassen wird, die Merchandise-Figur des Hauptdarstellers so sehr zu lieben, dass seine heimische Spielzeugwelt zum Austragungsort eines Aufstands wird, aus dem dann das „Toy Story“-Universum entspringt. „Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter!“ Buzz Lightyears Lieblingsspruch steht dafür, dass alles möglich ist. In der Weite des Weltraums genauso wie im Kinderzimmer um die Ecke.
Ein Actionfilm aus dem Jahr 1995
„Lightyear“ beginnt im Weltall. Zusammen mit der Kommandantin Alisha Hawthorne und mehreren Dutzend Crewmitgliedern hat der Sternenpilot Buzz Lightyear gerade eine wichtige Mission erfolgreich abgeschlossen und befindet sich im Hyperschlaf auf dem Weg zur 4,2 Millionen Lichtjahre entfernten Erde. Als der Bordcomputer auf dem Heimflug einen noch unerforschten Planeten mit reichen Bodenschätzen entdeckt, lenkt er das Schiff vom Kurs ab und weckt die Entscheidungsträger. Die Expedition auf dem Planeten T’Kani endet allerdings in einem Desaster, das das Schiff antriebslos auf dem Trabanten stranden und die Crew hilflos auf dem lebensfeindlichen, von Monsterpflanzen und Killerkäfern besiedelten Trabanten zurücklässt. Doch Buzz hat eine Idee, wie er Mannschaft und Maschine dennoch retten könnte.
Das ist der Prolog von „Lightyear“, einem der erfolgreichsten Actionfilme des Jahres 1995! Eine schöne, längst überfällige Idee, dieses fiktive Spektakel nun endlich tatsächlich auf die Leinwand zu bringen.
Der Film startet furios. Die erste Erkundung der Umgebung von T’Kani zeigt den forschen, vielleicht ein wenig ungestümen, aber selbstbewussten jungen Piloten Buzz und seine ausgleichende, stets den Überblick bewahrende beste Freundin Hawthorne zusammen mit einem Sidekick (dem Rookie mit den traurig dreinblickenden Augen). Sie observieren fremde Wesen und erleben unheimliche, aber dennoch ungemein amüsante Begegnungen der dritten Art. Es ist eine Reminiszenz an das „Toy Story“-Kino mit seinen perfekt gesetzten Pointen und der furiosen Mischung aus befreiendem Slapstick und anspannender Action. Die ersten Minuten von „Lightyear“ zelebrieren das wunderbare „Pixar“-Universum, eine technisch und erzählerisch perfekte Animationsfilmwelt.
„Ichs“ aus der Zukunft und in der Gegenwart
Der sich daran anschließende Film ist dann aber eine stetige Abkehr von diesem bezaubernden Konzept, hin zu einem eher soliden, eher für Erwachsene gedachten Science-Fiction-Actionfilm, vergleichbar etwa mit „Guardians of the Galaxy“. Es geht um Zeitreisen, um „Ichs“ aus der Zukunft, die auf „Ichs“ aus der Vergangenheit treffen, und um Ultrabösewichter wie den Imperator Zurg, der die Weltherrschaft anstrebt. Jedes Mal, wenn sich Lightyear in seinen Sternenraumgleiter setzt, um mit Lichtgeschwindigkeit eine nahe Sonne zu umfliegen, womit er einen Energiekristall erzeugt will, mit dem das Mutterschiff nach Hause gelangen kann, ist er viereinhalb Jahre unterwegs, aber nur ein paar Minuten gealtert.
Er bleibt erfolglos, aber jung, während alle anderen auf T’Kani eine Zivilisation errichten und dabei altern. So heiratet die Kommandantin Hawthorne ihre beste Freundin und bekommt eine Tochter, die wiederum eine Tochter namens Izzy gebiert, die ihrem großen, wenn auch erfolglosen Vorbild Lightyear nacheifern und auch ein Space Ranger werden will.
Nach Lightyears x-tem Flug ist Alisha Hawthorne nur noch als steinernes Denkmal auf T’Kani präsent und ihre Nichte Izzy Hawthorne schon dem Teenager-Alter erwachsen. Der Film „Lightyear“ hat da gerade erst begonnen. Jetzt sind es nicht mehr die Monsterpflanzen und Killerkäfer, die den Menschen Probleme bereiten, sondern der Imperator Zurg, der mit seinem Raumschiff über der Kolonie schwebt und deren Bewohner mit Kampfrobotern versklaven will. Das ist just die Zeit, als Lightyear gerade wieder von einem, diesmal aber endlich erfolgreichen Versuch zurückkommt, den Super-Energiekristall zu produzieren. Jetzt sitzen Buzz und Izzy in einem Busch und lernen sich gerade kennen: der ungestüme, aber heldenhaften Sternenflieger und die in fast allen Belangen unerfahrene, aber lernwillige und kampfesfreudige Izzy sowie ein paar Underdogs, denen es noch gelungen ist, dem Machtbereich von Zurg zu entkommen. Damit kann es also losgehen mit den Kämpfen in aussichtslosen Situationen und den Tricks, diese doch noch zu gewinnen. Und auch mit dem Leben, das Buzz Lightyear bei all seinen Zeitreisen fast zur Gänze vergessen hat.
Eine komplexe Geschichte für Ältere
Das ist eine ganz schön komplexe Geschichte, die der Film erzählt. Fast ein wenig zu erwachsen, um kleine Kinder wie etwa den achtjährigen Andy zu begeistern, der sich die Buzz-Lightyear-Figur ja wünschen und damit die „Toy Story“-Filme in Gang bringen soll. Es scheint, als hätten die Macher dieses Quasi-„Prequels“ ihre wichtige, noch vor dem Vorspann als Text eingeblendete Prämisse ein wenig aus dem Auge verloren und mehr einen Science-Fiction-Film für ältere Jugendliche und die inzwischen erwachsenen Fans der „Toy Story“-Filme produziert, nicht den „Lieblingsfilm für den kleinen Andy“.
Sicher könnte man einwenden, dass es ja auch die Katze gibt. Ein kleines vierbeiniges Computer-Gadget, das die Kommandantin Alisha Hawthorne ihrem besten, aber immer in Raum und Zeit verschwindenden Freund Buzz hinterlässt, um ihn daran zu erinnern, dass es mehr gibt als nur das Nachjagen nach dem Traum, ein Held zu sein. Diese Katze namens Sox ist ein Segen für den Film, aber zugleich auch ein großes Problem. Als Sidekick ist sie so wertvoll wie R2-D2 in „Krieg der Sterne“. Sie ist Lightyears bester Freund und Lebensretter, weil sie im Zweifel erstaunliche Dinge vermag. Sox ist kein unpersönlicher Computer, sondern ein wahrer Sympathieträger und unersetzlich, um all die Prüfungen in diesem Film zu überstehen. Von daher bringt Sox das Originelle und das Abenteuer zurück und gewinnt all die Kinder, die von den Zeitreisegeschichten und Metaebenen eher überfordert sind.
Wer sitzt auf Andys Bett?
Apropos Metaebene: Wenn sich ein Junge namens Andy 1995 den Film „Lightyear“ anschauen und – durchaus nachvollziehbar – lieben würde, welche Figur würde er sich als Spielzeug aussuchen? Den zaudernden Helden Buzz oder das heldenhafte Computerwunder Sox? Man sollte ganz verstohlen seine alten DVDs herauskramen und nochmal in „Toy Story“ hineinschauen. Vielleicht sitzt da neben Cowboy Woody gar kein Space-Ranger auf Andys Bett, sondern eine Katze!