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Filmkritik
Etwas eingerostet, aber mit Verve schmettern sie „Let’s talk about Sex“ von Salt’n’Pepper oder Gnarls Barkleys „Crazy“ und schwingen die nicht immer echten Hüften bis zum Anschlag. Marion mit der grünen Strickmütze ist mittendrin und glücklich, trotz ihrer Diagnose, unheilbar an Krebs erkrankt zu sein. Die Rentnerin ist eines der Mitglieder von „The OAPZ“, die „old-age pensioners“ mit „Z“ für etwas mehr Hipness, so die junge Leiterin Elizabeth, die mit den Rentnern im Gemeindezentrum für einen Chorwettbewerb probt und dafür ihr eigenes Privatleben aufs Abstellgleis geschoben hat. Marions mürrischen Ehemann Arthur treiben indes die Sorgen um die Gesundheit seiner Frau angesichts der Überanstrengung um – wie viel Eifersucht auf ihre außerhäusliche Begeisterung dabei mitschwingt, bleibt Spekulation. Sicher ist hingegen, dass Arthur im Leben nur Marion hat. Das Verhältnis zu seinem Sohn James ist angeknackst, und auch sein Verhältnis zu sich selbst bräuchte eine Frischzellenkur; bis die fröhliche Elizabeth versucht, ihn auch stimmlich aus der Reserve zu locken. Sieht oder besser hört man sich in letzter Zeit Filme für ältere Kinogänger an, drängt sich vor allem ein Eindruck auf: Gesang und Ruhestand scheinen als untrennbares Team zu gelten – zumindest in den Augen von Drehbuchautoren, denen wohl noch ein paar Jahre bleiben, bevor sie auf ihre Stimmbänder reduziert werden. Als würde sich mit den zunehmenden Gebrechen des Körpers dessen Funktion auf den Gesang reduzieren, startet mit „Song for Marion“ bereits der zweite Film aus Großbritannien, der sich am durchschlagenden Erfolg des Dokumentarfilms „Young@Heart“ (fd 38 910) orientiert. Anders als in Dustin Hoffmans „Quartett“ (fd 41 509) über vier pensionierte Musiker eines Altersheims, die sich das berühmte „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi zur Brust nehmen, wird hier musikalisch ungeniert Stephen Walkers berührenden Dokumentarfilm über die „Jung im Herzen“-gebliebenen Chormitglieder über 73 nachgeahmt. Frech, weil vermeintlich nicht altersgerecht, schmetterten die ihre variierten Songs von „The Clash“ oder den „Talking Heads“ in den Zuschauerraum und wurden damit zu realen Vorbilder für den fiktiven Senioren-Chor um Marion. „Young@Heart“ verhandelte mit seiner „verwegenen“ Songauswahl späte Lebenslust, aber auch den Umgang mit der eigenen Vergänglichkeit. Der explizite Antagonismus von sexy HipHop-Reimen aus Seniorenmündern verkommt in der Dramödie von Horrorfilm-Regisseur Paul Andrew Williams allerdings zum reinen Selbstzweck im Zeichen einer Komik, die spätestens nach dem zweiten Auftritt nicht mehr zieht. Streitereien und Eitelkeiten, in „Quartett“ noch die Hürden zum erfolgreichen Auftritt, werden hier ziemlich unmotiviert zwischen einem alten Brummbären und seiner lebenslustigen Ehefrau platziert. Ähnlich orientierungslos wirkt dann auch der rastlose Schnitt des Films, als würde man sich lieber nicht auf die treibenden Songs der überaus begabten Sänger verlassen, die zudem keinerlei Profil zugestanden bekommen. „Song for Marion“ ist ein Film, der weder seine älteren Figuren noch die Zuschauer wirklich ernst zu nehmen scheint. Dabei besäße er neben dem großartigen Spiel von Vanessa Redgrave als Marion einen interessanten Vater-Sohn-Konflikt, in dem das Streben nach Anerkennung des Sohnes beim Vater auf eine Mauer aus Eis prallt. Statt sich diesem generationenübergreifenden Thema zu widmen, zielt die Inszenierung fast ausschließlich auf die Tränendrüse – was dem sentimentalen Stoff komplett die Luft abzuschnüren droht.