- RegieMarco Gadge
- Dauer95 Minuten
- GenreKomödie
- Cast
Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Ein nicht gelebtes Leben hat viele Gesichter. Das von Lya ist blass und ausgelaugt. Sie ist Ende zwanzig, als sie einen Neustart wagen will und sich bei einer Berliner Schauspielschule bewirbt. Ihre irakischstämmige Familie weiß nichts von ihren Plänen. Der im Rollstuhl sitzende Vater und der verheiratete Bruder erwarten bedingungslosen Gehorsam. In ihrer streng islamischen Weltsicht setzen sie auf Lyas lebenslange Bereitschaft, sich für die Familie aufzuopfern. Kaum beim Vorsprechen angekommen, erntet sie kritische Kommentare wegen ihrer Verschleierung und wird mit einem ins Klischeehafteste überzeichneten, wild-chaotischen Künstler-Milieu konfrontiert, mit Neurosen, Traumata, „verrückten“ Outfits und jeder Menge Gefühlsstau – begleitet von einer gefälligen Mischung gut gelaunter Indie-Musik.
Wie in den Genre-Vorläufern „Fame“ oder „Kleine Haie“ nehmen die Vorsprechszenen entlang unterschiedlichster Studententypen einen großen Raum ein, die Lehrer kämpfen notorisch mit eigenen Unsicherheiten, ein schrulliger Hausmeister darf als Wiedergeburt von Chaplins „Großem Diktator“ mit einem Weltkugel-Plastikball herumalbern und ein reaktionär-korrupter Politiker beinahe für den Abriss der Schule sorgen.
Slapstickhafter Wirrwarr
Nur Lya behält in all dem zäh in Szene gesetzten, slapstickhaften Wirrwarr die Nerven und trägt ihre Dialoge aus „Jeanne d’Arc“ und „Romeo und Julia“ ohne einen einzigen Versprecher vor, während ihre zwei neuen Freunde, ein schwules Großtalent mit Mutter-Konflikt und eine unberechenbare Provokateurin mit Herz, dafür sorgen, dass sie nicht der Mut verlässt. Zwischendurch muss das Trio auch noch in der Vorsprechpause einer Nazi-Horde entkommen, damit der Film eine antirassistische Botschaft aussenden kann, ein anderes Mal setzt es völlig unmotiviert die Mensa mit Schampus unter Wasser.
Im Kino ist dieses nichts in der Schwebe belassende Komödien-Debüt des 50-jährigen Marco Gadge gänzlich deplatziert. Man wähnt sich schon nach wenigen Szenen in der Liga einer TV-Seifenoper, nicht nur dank der ungelenken Dialoge, nur selten zündender Gags und schmerzhaft schwankenden schauspielerischen Leistungen.
Leichte Versöhnung
Auch das Drehbuch lässt zu wünschen übrig, wenn nur ein einziger dramatischer Vorsprech-Dialog vor der versammelten Sippe ausreicht, um alle Vorbehalte gegen Lyas Berufsträume verpuffen zu lassen und den autoritär auftretenden Vater-Bruder-Komplex zum versöhnlichen Weinen zu bringen. Schließlich sei die Mutter, so das im Finale unter den Augen des versammelten und mitleidenden Ensembles gelüftete Familiengeheimnis, auch schon eine Schauspielerin gewesen. Auf Wunsch des Vaters, der die Schikanen religiöser Eiferer fürchtete, gab sie ihre Berufung auf und verzweifelte allmählich an der Entscheidung.
So bleibt kaum mehr als ein gescheitertes Versprechen eines bei handwerklicher Könnerschaft lohnenden Themas um eine sich von ihrer einengenden Herkunft emanzipierende Migrantentochter und die Einsicht, dass ungezähmte Stimmungslagen lange noch keine erzählerische Haltung ausmachen.