Filmplakat von Gorillas im Nebel

Gorillas im Nebel

129 min | Drama, Biographie
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1967 ließ Dian Fossey ihr Leben voller Bequemlichkeit zurück, um in Afrika die letzten vom Aussterben bedrohten Berggorillas zu studieren. In einem Land voller Schönheit und Gefahren setzte sie alles aufs Spiel - um die Gorillas um Nebel zu retten. Doch jemand wollte das verhindern...

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Filmkritik

Dian Fossey war 31 Jahre alt und eine Therapeutin für behinderte Kinder in Louisville/Kentucky, als ihr Leben durch die Begegnung mit einem berühmten Anthropologen in eine völlig neue Richtung gelenkt wurde. Sie ging nach Afrika und studierte jahrelang das Verhalten der vom Aussterben bedrohten Berggorillas. Zwei Jahre, bevor ihr Leben 1985 durch einen nie ganz aufgeklärten Gewaltakt endete, erschien ihre Autobiografie, besser gesagt: die Biografie der Gorilla-Familien, die sie in der Einsamkeit der Berge Ruandas beobachtet und mit denen sie sich angefreundet hatte.

Der Film versucht ein Porträt der Anthropologin aus Leidenschaft; er zeichnet es mit wechselndem Erfolg. Dian Fosseys mühevolle Anpassung an das entbehrungsreiche Leben im Dschungel, ihre ersten Begegnungen mit den Primaten, vor allem aber ihre Überwindung der Berührungsangst und das Erlebnis ihres Geduldetseins in der Gorilla-Gruppe sind eindrucksvolle und bewegende Szenen - ein wissenschaftliches Abenteuer, das auch in der filmischen Nachgestaltung faszinierender ist als jeder noch so aufwendige Actionfilm. Die Bemühung um die Person der Dian Fossey, um ihre privaten Freuden, Probleme und Obsessionen, gelingt dem Film dagegen nur in begrenztem Maße.

Das liegt daran, daß er sich - wie fast alle Filme über berühmte Persönlichkeiten - mit der Forscherin so stark identifiziert, daß alle im Umfeld relevanten Aspekte des Themas vernachlässigt werden. Fosseys Anliegen war die Untersuchung des Verhaltens der Gorillas und folgerichtig der Kampf um die Erhaltung der bei ihrer Ankunft in Afrika vom Aussterben bedrohten Art. Sigourney Weaver hat sich unter Einsatz all ihrer Kräfte nicht nur in die Person Dian Fossey zu verwandeln versucht, sondern sie hat tatsächlich am eigenen Leib nachvollzogen, was Fosseys anthropologisches Unternehmen so einmalig macht: das Leben inmitten einer Gorilla-Gruppe. Dadurch gewinnt der Film ein Höchstmaß an Authentizität; er verdichtet sich mehr und mehr zu einem atmosphärisch echten, anrührenden Porträt eines modernen wissenschaftlichen Abenteuers. Eine kritische Position gegenüber seiner "Heldin" vermag er hingegen nicht einmal dann einzunehmen, wenn sie in der Sorge um die ihr ans Herz gewachsenen Tiere in der Behandlung der Eingeborenen das rechte Maß verliert. Nicht nur ist die Figur Dian Fosseys geschönt (man erfährt zum Beispiel nicht, daß sie in ihren letzten Lebensjahren Alkoholikerin war), sondern auch jeder Konflikt, der ihrer Idealisierung -abträglich sein könnte, wird nicht zu Ende ausgetragen. Dian Fossey arbeitete in einem Land, dessen Bewohner von politischen Unruhen und wirtschaftlichen Problemen geschüttelt wurden, das weder Zeit noch Verständnis dafür aufzubringen vermochte, daß die Anthropologin, deren Aufenthaltserlaubnis man immer wieder verlängerte, das Überleben der Gorillas offenbar mehr interessierte als das Überleben der Menschen. Während sie mit den Affen auf das Zärtlichste umging, scheute sie nicht davor zurück, an den Eingeborenen Rache zu üben, wenn sie gut zahlenden, aber skrupellosen Tierfängern bei ihren barbarischen Aktionen behilflich waren. Der Film unterschlägt diese fanatische Seite der Fossey nicht, die wahrscheinlich auch ursächlich für ihren Tod war, aber er stellt nicht die richtige Gewichtung her. Ein kurzes Streitgespräch mit einem Staatsbeamten kann die ungenaue Beschreibung der Situation der schwarzen Bevölkerung nicht ausgleichen. Wieweit - unabhängig davon - die ausgewalzte Liebesaffäre Fosseys mit einem Fotografen des "National Geographic" notwendig und geschmackvoll ist, mag nur am Rande in Frage gestellt werden.

Daß der Film trotz seiner Kompromisse und Einseitigkeiten einen starken Eindruck hinterläßt, liegt nicht zuletzt an dem faszinierenden Bild Afrikas, das aus der hinreißenden optischen Darstellung der Geographie des Landes entsteht. Die Szenen der Annäherung an die menschenscheuen Tiere und der hingebungsvollen Beobachtung im ebenfalls nicht gerade menschenfreundlichen Bergland Ruandas erscheinen so echt, daß man über weite Strecken das Bewußtsein verliert, einen nachgestellten Spielfilm zu sehen. Deshalb aber empfiehlt sich der Film andererseits nicht für Kinder. Die Sequenz der gewissenlosen Abschlachtung einer Berggorilla-Familie durch einen Tierfänger und seine schwarzen Helfer gerät im realistischen Umfeld der Geschichte zu dramatisch, als daß sie von allzu jungen Zuschauern verarbeitet werden könnte.

Erschienen auf filmdienst.deGorillas im NebelVon: Franz Everschor (16.5.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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