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Filmkritik
Es ist eine romantische Idee: eine Festnetznummer anrufen, die vor 38 Jahren vergeben wurde. Sie ist noch gültig, und am anderen Ende geht tatsächlich jemand ran. Nicht irgendjemand, sondern genau der Mensch, der vor 38 Jahren auch schon den Hörer abnahm. Davon träumt man gelegentlich, wenn man an die analoge Vergangenheit denkt und etwa die Telefonnummer der Oma noch auswendig kann. „Romantik“ ist auch ein Schlüsselwort für „Ghostbusters: Legacy“; deshalb wird diese Idee dort aufgegriffen und durchgespielt. Nicht mit der Oma. Aber mit den Enkeln von Egon Spengler, einem der Original-Ghostbusters aus dem Original-„Ghostbusters“-Film von 1984.
Die Ansprüche von Reitman senior
Es gibt vor „Ghostbusters: Legacy“ eine kurze Botschaft des Regisseurs Jason Reitman, der davon erzählt, dass sein Vater Ivan Reitman meist neben ihm saß und ihm auf die Finger schaute, wie er wohl mit den Figuren umgeht oder was er aus der Idee des Geisterjagens macht. Für ihn sei es etwas schwierig gewesen, alle Ansprüche des Vaters einzulösen. Aber vielleicht ist dadurch das Flair des neuen Films entstanden, der so enthusiastisch wirkt, als wolle er etwas zeigen, was es in dieser Form noch nie zu sehen gab. Das überträgt sich auf die Zuschauer, zumindest für eine Weile. Man hat das Gefühl, als wäre gerade das Jahr 1982 und man säße ganz hingerissen in Spielbergs „E.T.“, wo zum ersten Mal in einem Film Kinder die Probleme mit den Außerirdischen übernehmen.
Dieser Vergleich ist zulässig, denn abgesehen davon, dass ihn offenbar jeder Filmkritiker anstellt, sind in „Ghostbusters: Legacy“ die Kinder diejenigen, die den ziemlich wilden Geistern im letzten Moment die Weltherrschaft verbieten, zumindest die Herrschaft über einen kleinen Teil von Texas. Sie sind dabei nicht ganz so lustig wie die Ladies, die den „Ghostbusters“-Film 2016 bestritten; so lustig wie Kate McKinnon zu sein, ist aber auch nur den Wenigsten gegeben. Außerdem wurde der Film von Paul Feig ja weiträumig – und völlig unverständlich – gehasst; vielleicht war er einfach zu lustig für die altehrwürdige Tradition des Geisterjagens – Frauenfeindlichkeit wird’s ja nicht gewesen sein, oder?
Verstaubt in der Garage: der Ecto-1-Cadillac
Jedenfalls gilt für den neuen Versuch: Kinder, Romantik und auch noch eine direkte Verwandtschaftsbeziehung zu den mittlerweile alten Säcken aus dem Original. Wobei Egon Spengler, jetzt der Großvater der Hauptfiguren, gar nicht mehr lebt, wie ja auch sein Darsteller Harold Ramis nicht mehr lebt. Ramis war ein großer Mann, was Komödien angeht, aber das ist eine andere Geschichte. Hier tritt er noch einmal als Geist auf; man könnte weinen, und manche tun das auch. Spenglers Enkel wiederum müssen den Rest der Handlung bestreiten. Das machen sie gut, denn es sind Kinder, die der Ironie mächtig sind, was im Alter von 12 und 15 Jahren erstaunlichen Charme verströmt.
Alles andere ist Geschichte. Überall finden sich historische Versatzstücke. Im Keller von Spenglers Farm sind die Klassiker des Geisterjagdgeräts bis hin zu den Original-Overalls, in der Garage steht der Ecto-1-Cadillac im Staub der Jahre. Das adelt den Film für die Fans, die das alles schon kennen; nicht ganz so toll ist es für Zuschauer, die nichts damit verbinden, also vermutlich für die Kinder der Fans. An denen kann man dann sehen, ob der 1980er-Zauber noch funktioniert, ob die Mischung aus Märchen, Erfindergeist, Bühnendonner und Liebe zum Fantastischen ausreicht, egal wie simpel der Plot bei genauerer Betrachtung eigentlich ist. Denn der erzählt von den Enkeln, die im Haus ihres verstorbenen Opas dessen Job entdecken, seine Arbeit weiterführen, gefährliche Geister in die Falle locken und letztlich bloß ihre Familiengeschichte ins Lot bringen.
Wie erzählt man einen Witz?
Daneben aber gibt es genug Platz für andere Dinge, die aus Filmen mehr machen, als es pure Action vermag. Etwa, wie schwierig es mit Freundschaften ist, oder wie einfach alles wird, wenn man jemanden trifft, der plötzlich Antworten auf Fragen gibt, die man noch gar nicht laut formuliert hat. Das gilt für Kinder wie für Erwachsene, wobei es in „Ghostbusters: Legacy“ schon eher um spezifische Schwierigkeiten von Jugendlichen geht. Wie bringt man Müttern bei, dass man klüger ist als sie? Wie erzählt man einen Witz? Warum sollte man Rollschuhlaufen können?
Solche Dinge, die banal klingen, aber gelegentlich lebensentscheidend sind, beschäftigen die Ghostbusters-Enkel mindestens genauso wie der Kampf gegen die Geister. Das ist das Beste an der Inszenierung von Jason Reitman: Er schafft es, die Wichtigkeit des Persönlichen auf dieselbe Stufe zu stellen wie den Umgang mit dem Absonderlichen. Die inneren Abenteuer nehmen so viel Raum ein wie die äußeren.