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Filmkritik
Juli und Alex, dargestellt von den TikTok-Stars Lisa und Lena Mantler, sind Zwillinge. Äußerlich gleichen sie sich aufs Haar, doch vom Wesen unterscheiden sie sich ziemlich. Juli ist lebensfreudig und optimistisch, Alex introvertiert und launisch. Damit nicht genug: Juli hat ihr Abitur mit Eins bestanden, Alex hingegen ist durchgefallen. Was beide verbindet, ist die Liebe zum Skaten, und so genießen sie zusammen mit der frechen Ewa den Sommer im Skatepark.
Ein Flyer kündigt einen Skate-Wettbewerb in Köln an; zu gewinnen gibt es eine Interrail-Reise und neue Boards. Allerdings müssten sie für den Wettbewerb zu viert sein, weshalb die schwarze Saxophonistin Nia dazustößt. Vom Skaten hat sie allerdings keine Ahnung, und für ein ausführliches Training ist die Zeit zu knapp.
Immerhin gewinnt das Quartett mit einem frechen Video, dass Juli aufgenommen hat, die Vorauswahl. Doch damit beginnen die Probleme: Alex verliebt sich in einen gleichaltrigen Jungen, Ewa verguckt sich in Nia, die wiederum auf Geheiß ihrer Eltern eine Musikprüfung im klassischen Saxophon ablegen soll – ausgerechnet am Tag des Skate-Wettbewerbs.
Das Gewinnen ist gar nicht so wichtig
„Get up“ ist das Spielfilmdebüt von Lea Becker und folgt zunächst den Versatzstücken, die man aus anderen Tanz- bis Song-Contest-Filmen kennt. Es geht ums Messen mit anderen, einen Wettstreit, den es zu gewinnen gilt, vielleicht um Ruhm und Erfolg, aber auch um Rückschläge, die verkraftet werden müssen, und Hindernisse, die die Handlung zu Umwegen zwingen. Doch die Regisseurin gewichtet ihre Erzählung anders: Am Schluss ist das Gewinnen gar nicht mehr so wichtig; im Fokus steht der Zusammenhalt der Gruppe und der Spaß am Sport, der in den Actionszenen deutlich wird.
Becker fängt die akrobatische Athletik des Skatens und die selbstbewusst ausgestellte Körperlichkeit, die Aneignung des Raumes, der zur Bühne wird, und die Lust an der Bewegung überzeugend ein. Dabei verhandelt sie stets auch den Kontrast zwischen Spaß und Pflicht. Juli, die ehrgeizigere der beiden Zwillinge, könnte nach dem Sommer ein Archäologie-Praktikum in London beginnen. Doch das würde die Trennung von ihrer Schwester bedeuten. Plötzlich ist sie sich gar nicht mehr so sicher, ob sie wirklich nach London gehen will. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Figur von Nia, deren Hautfarbe gar nicht erst thematisiert wird. Dass sie nicht skaten kann, unterläuft auf originelle Weise den Leistungsgedanken, der dem handlungstragenden Wettbewerb zugrunde liegt. Erlaubt ist, was Spaß macht.
Herausfinden, was man will
Dass Nia von ihren Eltern gezwungen wird, Saxophon zu lernen und an einem Vorspiel teilzunehmen, bringt sie in die Bredouille: Sie muss sich von den Eltern lösen und entscheiden, was sie wirklich will. Es geht hier also auch ums Erwachsenwerden. Es ist dem Charme und der Natürlichkeit der jungen Schauspielerinnen zu verdanken, dass dieser Themenbereich so ganz nebenbei dargeboten wird.
Noch ein anderer Aspekt ist interessant: Juli hat die Skating-Stunts mit der Kamera aufgenommen und geschickt zu einem Video geschnitten. Die Flüchtigkeit des Ereignisses wandelt sich so zum festgehaltenen Moment, mit dem sich die öffentliche Aufmerksamkeit steuern lässt. Von hier bis zu den Webvideoproduzentinnen und Influencerinnen, die Lisa und Lena Mantler im wahren Leben sind, ist es dann nicht mehr weit.