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Filmkritik
Viel ist es nicht, was Johnny Utah (Keanu Reeves), der frisch gebackene Agent des FBI, an zweckdienlichen Hinweisen auf die Identität eines Bankräuber-Quartetts in den Händen hat. Ein unscharfes Foto, auf dem einer der Täter der Überwachungskamera keck sein entblößtes Hinterteil präsentiert. Während Utah darin nur einen Scherz erkennen kann, glaubt sein Kollege Pappas (Gary Busey), dass derart sonnengebräunte Exemplare bevorzugt im Surfer-Milieu von Los Angeles zu finden sind.
Das ist zwar nur ein vages Indiz, doch da andere nicht verfügbar sind, trotzt Utah bald darauf auf dem magischen Brett der tosenden Brandung und hält Ausschau nach verdächtigen Beach-Boys. Doch seine „Fahndung auf hoher See“ hat wenig Erfolg, bis er die aparte Tyler (Lori Petty) als Surf-Lehrerin anheuert. Mit ihrer Hilfe macht er die Bekanntschaft von Bodhi (Patrick Swayze), dem Anführer einer Truppe von Wellenreitern. Während Utahs Vorgesetzte ihm ständig mit Fragen nach dem Fortgang der Ermittlungen im Nacken sitzen, findet der FBI-Mann zunehmend Geschmack am Strandleben, dem muskelbepackten Schönling und insbesondere an seiner Surf-Lehrerin.
Wer schießt schon auf Ronald Reagan
Dass Bodhi und seine Kumpane jene mysteriösen Bankräuber sein könnten, ist zwar nicht unwahrscheinlich, doch so recht will Utah daran nicht glauben. Doch als die „Presidents“, wie die Bankräuber sich nennen, da sie ihre Gesichter stets hinter Masken mit den Konterfeis der letzten vier US-Präsidenten verbergen, wieder zuschlagen und Utah am Tatort die Verfolgung aufnimmt, schießt er absichtlich daneben, weil er ahnt, dass sich hinter der Maske von „Ronald Reagan“ einer seiner neuen Freunde verbirgt.
Die US-amerikanische Regisseurin Kathryn Bigelow, die zuletzt mit dem Cop-Krimi „Blue Steel“ erfolgreich war, hat den Versuch unternommen, so unterschiedliche Genres wie Thriller und Beach-Movie miteinander zu verbinden. Ein kühnes Ansinnen. Allerdings stehen diese „Welten“ hier so unvermittelt nebeneinander, dass der Film praktisch in zwei disparate Teile zerfällt. Was wie ein actionhaltiger Krimi beginnt, entwickelt sich schon bald zu einem langatmigen Melodram um die ungewöhnliche Freundschaft zwischen dem eifrigen Gesetzeshüter und dem tollkühnen Outlaw.
Der Kriminalfall gerät dabei lange Zeit komplett aus dem Blick. Stattdessen ergötzt sich die Kamera ausgiebig am lebensfrohen kalifornischen Beach-Life und huldigt bis zum Überdruss der Kunst des Wellenreitens. Dazu schwadroniert Bodhi tiefschürfend vom Warten auf die „ultimative Welle“ und redet auch sonst so, als habe er im Fach „Sportmetaphysik“ bei Reinhold Messner volontiert. Darüber hinaus frönt die verwegene Surfer-Gang einer Anarcho-Attitude zwischen dem Bodybuilder-Kult der 1990er- und den Hippie-Ritualen der 1960er-Jahre. Bei einer Sommernachtsparty erklingt stilecht Jimi Hendrix` „If 6 was 9“.
Gegen den Strich besetzt
Doch alles plätschert mehr so dahin, als dass es einen gefangen nimmt, zumal die Charakterzeichnung der beiden Kontrahenten viel zu oberflächlich bleibt, um auch nur ansatzweise plausibel zu machen, aus welchen Gründen sie einander so anziehend finden. Dabei entledigt sich Keanu Reeves seiner Rolle als verwirrter Ordnungshüter durchaus respektabel. Patrick Swayze agiert als muskelbepackter Späthippie und Bösewicht auf Grund seiner bisherigen Good-Guy-Rollen zwar immer am Rand der unfreiwilligen Komik, doch im Prinzip ließe sich auch mit dieser bemühten Gegen-den-Strich-Besetzung leben.
Die Crux von „Gefährliche Brandung“ aber ist die schwache Dramaturgie. Denn ebenso unvermittelt, wie zu Beginn nach ein paar Minuten das Tempo aus dem Film herausgenommen wird, so sehr zieht es gegen Ende wieder an und schickt den Film vom Surfer-Melodram zum harten Krimi zurück. Das rettet „Gefährliche Brandung“ zwar nicht mehr, aber immerhin gelingen zwei virtuos inszenierte Verfolgungsjagden, die zweifellos zu den Jahresbestleistungen in dieser Disziplin gehören.