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Filmplakat von Gasoline Rainbow

Gasoline Rainbow

Drama, Abenteuer
Szene %1 aus %Gasoline Rainbow

Vorstellungen

Leider gibt es keine Kinos.

Filmkritik

Micah, Tony, Nichole, Nathaly und Makai wollen weg. Raus aus der Kleinstadt Wiley in Oregon, in der sie sich nicht wohlfühlen. Vielleicht noch einmal ein Abenteuer erleben, jetzt, wo die High School hinter ihnen und eine unbestimmte Zukunft vor ihnen liegt. Eines Nachts brechen sie in einem Van heimlich auf. 513 Meilen liegen zwischen Wiley und dem Pazifik. Das Meer als Sehnsuchtsort.

„Gasoline Rainbow“ ist dreckiges, kleines Filmemachen. Mit Unschärfen, mal viel zu hellen, ausgefressenen und mal viel zu dunklen Bildern, mit Pixeln und groben Kamerabewegungen. Bill Ross und Turner Ross filmen unmittelbar, halten drauf, sind dabei – wie in einem Dokumentarfilm, nur dass das hier keiner ist. Die Ross-Brüder spielen mit der Wirklichkeit. Ihre Darsteller tragen ihre echten Namen, dürfen Privates von sich einbringen, sprechen ehrlich aus, wie es ihnen geht. Ihre Reise ist grob vorgeplant, aber nicht im Detail ausgearbeitet. Der Film schickt die jungen Darsteller, die alle zum ersten Mal vor der Kamera standen, in Situationen und beobachtet dann, was passiert.

Wahrhaftig und träumerisch

Im besten Fall führt diese Herangehensweise zu bestechenden Ergebnissen. Immer wieder gibt es Augenblicke, die sich sehr wahrhaftig anfühlen, aber auch sehr träumerisch wirken. Wenn die Haare im Fahrtwind wehen oder die Jugendlichen auf ihrem Van ein Foto in der untergehenden Sonne machen, dann wird spürbar, wie sehr hier der Moment ausgekostet und festgehalten werden soll.

Es ist ebenso überraschend wie angenehm, dass diese jungen Menschen dabei so anders sind. Sie greifen nicht ständig zum Handy, sondern leben tatsächlich weitgehend im analogen Hier und Jetzt. Manchmal fragt man sich sogar, ob sie nicht ein wenig aus der Zeit gefallen sind. Mit „Sweet Child of Mine“ von Guns’n’Roses im Radio beginnt die Reise. Später plärrt Metallica „Enter Sandman“ aus den Lautsprechern, dann Cypress Hill – die rebellische Musik der frühen 1990er-Jahre, die die damalige Jugendkultur geprägt hat.

Immer wieder sind aus dem Off Interviewpassagen zu hören, in denen die Jugendlichen über ihre Gefühle sprechen. Sie erzählen darüber, sich ausgeschlossen zu fühlen, oder über ihre Ängste vor der Zukunft. Wer von den fünf da gerade was sagt, spielt kaum eine Rolle. Die fünf Jugendlichen gewinnen als Individuen nur wenig Kontur. Wichtiger als ihre Einzelgeschichten ist ihre gemeinsame Reise und ihr Zusammenhalt. Allein sind sie dementsprechend nur selten zu sehen. Und noch wichtiger ist das Lebensgefühl, dass sie durch ihre Handlungen und ihre Gespräche vermitteln.

Verunsicherung und Sehnsucht

Aus ihren Sätzen spricht eine große Verunsicherung und Sehnsucht, was vermutlich nochmal verschärft wurde durch die Dreharbeiten im Jahr 2021 zwischen zwei Lockdowns. Ansonsten sind ihre Gedanken universell: Was fange ich mit meinem Leben an, fragen sie sich. Und ein bisschen wird ihnen bewusst, dass sie bald für sich selbst Verantwortung übernehmen werden müssen. Daneben steht eine generelle Angst vor der Welt. John Lennons utopisches „Imagine“ wird auf einem Klavier angestimmt; später steht dann ein Klavier in Flammen und die Jugendlichen tanzen drumherum. „Growing up is scary“, heißt es einmal resümierend und ganz ernst.

Im Laufe ihrer Reise folgen Micah, Tony, Nichole, Nathaly und Makai einem jungen Mann zu einer Party auf einem Feld irgendwo im Nirgendwo. Am nächsten Morgen haben sie heftige Kopfschmerzen von zu viel Alkohol und Gras – und ihr an der Straße geparkter Van keine Reifen mehr. Zu Fuß geht es weiter durchs Niemandsland, später reisen sie heimlich in Güterzügen mit, so wie man das aus alten Abenteuergeschichten kennt. Der Film schenkt ihnen Zufallsbekanntschaften, die allesamt überraschend freundlich verlaufen, wohl auch, weil die Jugendlichen so offen und neugierig sind und die Begegnungen geradezu aufsaugen. Angesichts der dubiosen Gestalten, mit denen die Protagonisten sonst in Road Movies konfrontiert werden, wirken diese doch so realen USA manchmal wie ein Märchenland.

Nähe im Verzicht auf Bewegungen

So berührend es manchmal auch ist, den Figuren zuzuhören, so ermüdend ist „Gasoline Rainbow“ gelegentlich auch. Wenn sich Begegnung an Begegnung reiht, dann bewegen sich die Figuren zwar, aber die Geschichte tritt trotzdem auf der Stelle. Eine Nähe zu den Figuren findet der Film oft gerade dann, wenn er auf Bewegungen verzichtet. Wo Micah, Tony, Nichole, Nathaly und Makai zu Beginn noch mit austauschbaren High-School-Ausweisen vorgestellt werden, stehen am Ende lebendige Porträts von ihnen. Man hat Zeit, ihnen in die Augen zu sehen. Das Lied „Changes“ von Antonio Williams und Kerry McCoy begleitet diese Bilder. „You seemed so sad, I felt the same. I knew you felt a way that I couldn’t change.“ Am Ende sind Bill und Turner Ross auch nur Beobachter.

Erschienen auf filmdienst.deGasoline RainbowVon: Stefan Stiletto (24.6.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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