Filmplakat von Frau Müller muss weg

Frau Müller muss weg

87 min | Komödie | FSK 6
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Bald wird es ernst: Die Noten auf dem nächsten Zeugnis werden über die weitere Schullaufbahn der Grundschüler entscheiden. Grund genug, dass der größte Teil der Eltern sich ebenfalls besorgt gibt, denn Frau Müller ist streng und der von den Eltern einberufene Gesprächstermin mit der Lehrerin einer Grundschulklasse gerät zu einem Fiasko, weil Frau Müller wenig geneigt ist, die Noten ihrer Schützlinge in Richtung gymnasiale Tauglichkeit anzuheben... (v.f.)
Dem arbeitslosen Wolf Heider (Justus Von Dohnanyi) passt das nicht in den Kram und er versucht, die Diskussion immer wieder auf sich und sein Kind zu lenken. Dem Ehepaar Patrick (Ken Duken) und Marina Jeskow (Mina Tander) geht es vor allem um die Ausgrenzung ihres begabten Sohnes, während die alleinerziehende Mutter Katja Grabowski (Alwara Höfels) nur aus Solidarität mitgekommen ist, denn ihre Tochter ist die Klassenbeste. Doch Frau Müller hat keinesfalls vor, die Klasse abzugeben. Stattdessen konfrontiert sie die ahnungslosen Eltern mit dem Verhalten ihrer Kinder. Plötzlich muss sich nicht mehr Frau Müller rechtfertigen, sondern die Eltern geraten ob ihrer eigenen Versäumnisse in Erklärungsnot¿

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Filmkritik

Dresden an einem Samstagnachmittag. Das Gelände der Juri-Gagarin-Grundschule ist so verwaist, wie es außerhalb der Unterrichtszeiten zu erwarten ist, und doch wirkt es wie gewaltsames Eindringen, als das Ehepaar Jeskow seinen protzigen Wagen mitten auf dem Schulhof parkt. Ihr Erscheinen ist demonstrativ: Wir kommen keineswegs in Frieden! Noch deutlicher wird die toughe Geschäftsfrau Jessica, die als Elternvertreterin die Führung der kleinen Gruppe übernimmt: „Keine Volksreden, keine Gefühlsausbrüche“, soll es im bevorstehenden Gespräch mit der Klassenlehrerin Frau Müller geben. Dabei herrscht Untergangsstimmung bei den besorgten Viertklässler-Eltern: Die Noten der Sprösslinge sind im Keller, und das zum ungünstigsten Zeitpunkt, stehen doch die Empfehlung für die weiterführende Schule und damit die Zukunft der Kinder auf dem Spiel. Schuld an allem kann nur Frau Müller mit ihrer weltfremden Kuschelpädagogik sein: Wer Kastanienmännchen basteln und Chorlieder singen lässt, statt die Schüler aufs Gymnasium zu pushen, muss nach den Regeln einer effektiven Marktwirtschaft einfach weg. Am allerbesten noch mit einem glatten Schnitt durch einen freiwilligen Rückzug der Lehrerin, die ihre Überforderung doch selbst einsehen muss. Soweit der Plan, mit dem die fünf Eltern in Sönke Wortmanns „Frau Müller muss weg“ in die Schule marschieren. Doch die Lehrerin reagiert anders als erhofft: Die einzigen Probleme in der Klasse würden von den Kindern der Anwesenden verursacht, wirft sie den überrumpelten Eltern vor, um dann aus dem Raum zu stürmen. Die fünf brauchen nicht lang, um ihren Schock zu überwinden, und beschließen, Frau Müller im Schulgebäude zu suchen. Mit der Einigkeit unter ihnen ist es jedoch aus: Auch die Kinder der anderen – selbstverständlich nicht das eigene – werden nun für die Misere verantwortlich gemacht; die aus dem Westen zugezogenen Eltern sehen sich zudem in ihrer generellen Abneigung gegen die östlichen Bundesstaaten bestätigt. Während die Suche fruchtlos verläuft, mündet der angestaute Ärger schließlich auch in Handgreiflichkeiten. Dass diese Form der Eskalation jederzeit absehbar ist, gehört zum Konzept des Films wie der Theatervorlage des derzeit meistgespielten deutschen Dramatikers Lutz Hübner: Das Publikum soll die unverhüllten Gemeinheiten als genüssliche Demontage von zivilisiertem Benehmen goutieren und die Figuren als zugespitzte Version realer Helikoptereltern deuten, wie sie jeder kennt, der schon mal auf einem Elternabend war. Doch der Wiedererkennungswert reicht nicht aus, um die Verfilmung allein zu tragen. Anders als bei Roman Polanskis Adaption von „Der Gott des Gemetzels“ (fd 40 757), dem offensichtlichen Vorbild für Wortmanns Inszenierung, fehlt es dem Film an einer überzeugenden Idee, die theatrale Enge des Spielraums durch filmische Einfälle zu überwinden. Auffallend ist das besonders im Mittelteil, in dem die Schule in wechselnden Konstellationen nach der Lehrerin durchsucht wird, jeder Raumwechsel aber unweigerlich zur gleichen dialoglastigen Statik zurückführt. Allerdings muss man darüber fast schon wieder froh sein, da die vereinzelten Anläufe der Inszenierung, filmische Humorakzente zu setzen, sich auf müde Einfälle wie den erst versagenden, dann nicht mehr zu stoppenden Getränkeautomat oder die unerwarteten Auftritte eines begriffsstutzigen Hausmeisters beschränken. Die inszenatorische Beliebigkeit überträgt sich nahtlos auf die öde dahinplätschernde Musik und die wenig überzeugende Besetzung. Einzig bei Gabriela Maria Schmeide, die hinter Frau Müllers scheinbarem Hang zur Gemütlichkeit eine unerwartete Bissigkeit aufscheinen lässt, kann man von inspiriertem Casting sprechen. Die anderen Darsteller dagegen können sich nie von der (beabsichtigten) Klischeeüberfütterung ihrer Figuren lösen; insbesondere Anke Engelke spielt die verkniffene Geschäftsfrau lebensfern und mit so gespreizten Gesten, als wäre das nur ein überlanger Sketch und kein Film zu einem durchaus hochaktuellen Thema. Das ist symptomatisch für Wortmanns biederen Regiestil, der das Potenzial des Stoffs nicht zu nutzen weiß. Die Vorstellung, dass die Ängste der Eltern vielleicht einen realistischen Kern aufweisen könnten, ist dem Film gänzlich fremd; am Ende leugnet er gar mit durchaus bedenklicher Naivität jeden berechtigten Zweifel an der Chancengleichheit des deutschen Schulsystems. Was bleibt, sind einige gelungene Pointen auf Kosten von egomanischen Eltern sowie Hübners gepfefferte Dialoge. Selbst denen aber erwächst in der Harmonieseligkeit des deutschen Mainstreamkinos ein allzu mächtiger Gegner.

Erschienen auf filmdienst.deFrau Müller muss wegVon: Marius Nobach (20.6.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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