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Silentium

116 min | Komödie, Thriller, Krimi | FSK 16
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In Salzburg wird der Schwiegersohn des Festspielpräsidenten tot aufgefunden. War es Selbstmord? Für die Kirche eine glückliche Fügung: Der Tote hat mit skandalträchtigen Erinnerungen an seine Jugend im Knabenkonvikt aufhorchen lassen. Die attraktive Witwe des Verstorbenen glaubt, dass ihr Mann ermordet wurde. Kommissar Brenner führen die Ermittlungen in die verschwiegene Welt des Konvikts und hinter die Kulissen der Festspiele. Der Kommissar selbst gerät unter Mordverdacht und kommt um ein Haar ums Leben. (aga)

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Filmkritik

Der erste Mord beginnt fast gemütlich, geradezu beschaulich. Zwei grobschlächtige Männer mittleren Alters, die Killer Max und Moritz, zerren in einem Stadtpark einen jungen Mann aus dem Auto, der die Augen verbunden hat. „Der Chef will Dich sehen“, sagt der eine mit beruhigender Stimme, „so, jetzt nur noch Klingeln.“ Doch dann stoßen sie ihr Opfer in den Abgrund. Ganz Salzburg wird am nächsten Tag erfahren, dass sich der Schwiegersohn des Festspielpräsidenten den Mönchsberg hinuntergestürzt hat – ein „beliebter Platz“ für Selbstmörder. „Silentium“, lateinisch Schweigen, spielt in der anheimelsten Postkartenidylle von Salzburg, die sich aber schnell als lebensgefährliche Schlangenhöhle entpuppt. Hatte der zu Tode Gestürzte doch vor Jahren für einen Skandal gesorgt, als er den jetzigen Erzbischof von Salzburg und seinen ehemaligen Erzieher in der katholischen Knabenschule des sexuellen Missbrauchs beschuldigte. Auch Privatdetektiv Brenner kennt die Fallstricke und Tücken der Salzburger Gesellschaft: Er verlor vor kurzem seinen Job als Warenhausdetektiv, weil er die Tochter des Festspielpräsidenten beim Diebstahl erwischte. Nichts desto trotz bittet ihn die attraktive Witwe, den Tod ihres Mannes aufzuklären, denn sie glaubt nicht an Selbstmord. Brenner beginnt hinter den Kulissen der Salzburger Festspiele zu recherchieren, ohne zu wissen, wonach er suchen soll. Dabei stößt er auf zahlreiche Ungereimtheiten. Als arbeitswilliger Stadtstreicher getarnt, schleicht sich der Privatdetektiv in das Knabenkonvikt ein und stößt auf weitere geheimnisvolle Fragen: Was verbirgt der durch Zungenkrebs stumm gewordene ehemalige Leiter der Klosterschule? Welches düstere Geheimnis möchte der sportlich wie sozial engagierte Pater Fitz dem Detektiv anvertrauen? Und welche Rolle spielen die philippinischen Hausmädchen, die so zahlreich in der Klosterschule auftauchen und wieder verschwinden? Schließlich überschlagen sich die Ereignisse, Brenner gerät selbst unter Mordverdacht und muss gleichzeitig vor den Killern und der Salzburger Polizei flüchten. Der Schlüssel zu der Sarabande aus Korruption und mysteriösen geschäftlichen Verknüpfungen zwischen Festspielen und Knabeninternat liegt offensichtlich jenseits der Grenze. Doch nach dem letzten Showdown ist keiner mehr an Brenners Ergebnissen interessiert. In der feinen Salzburger Gesellschaft bleibt alles wie immer beim Alten: Das Gesetz des Schweigens ist auch hier stärker als alles andere. Vor dem blauen Sommerhimmel und der anhei­melnden Zuckerbäckerarchitektur der Stadt entfalten Regisseur Wolfgang Murnberger, Hauptdarsteller Josef Hader und der Autor des adaptierten Romans, Wolf Haas, eine grotesk überzeichnete und dunkel verschachtelte Geschichte, die ebenso spannend wie grotesk von den Abgründen und Verflechtungen einer zur zweiten Natur gewordenen Korruption handelt. „Silentium“ meint das Gesetz des Schweigens, hinter das der von Kopfschmerzen geplagte Privatdetektiv am Ende doch kommt. Die konventionelle Detektivgeschichte mit doppelten Boden ist ein schwarzhumoriges Schauerstück, das mit hintergründigem Humor Versatzstücke der großen gesellschaftlichen Skandale Österreichs (etwa den des Priesterseminars in St. Pölten) aufgreift und in einen giftig schillernden Mikrokosmos einfließen lässt; die Festspielstadt Salzburg erscheint hier als archaisch feudale, dekadente Klassengesellschaft. Dabei verbinden sich Elemente des „Cine noir“ mit antiklerikalem Brachialsurre­a­li­s­mus zu einer brutalen Mordgeschichte: eine Mischung aus Splatter und Beschaulichkeit, voller Blut, das von der Stirn des vermeintlichen Selbstmörders in die Fußgängerzone rinnt, über die zerstückelte Frauenleiche im Kickerautomaten der Klosterschule bis zum Todeskampf des Bösewichts, der unter einer Plastikplane im eigenen Blut erstickt, nachdem er zuvor versucht hatte, den Privatdetektiv und zwei Freunde in der Dusche mit kochendem Wasser zu Tode zu bringen. Eine Gratwanderung zwischen Groteske und Ernsthaftigkeit, jenseits aller „Tatort“-Harmlosigkeit.

Erschienen auf filmdienst.deSilentiumVon: Wolfgang M. Hamdorf (29.10.2024)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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