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Filmplakat von Dogs don't wear Pants

Dogs don't wear Pants

106 min | Drama
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Juha ist mit seiner Frau und Tochter an einem idyllischen See zum erholsamen Retreat, muss jedoch einen erschütternden Schicksalsschlag erleben. Seine Frau ertrinkt auf tragische Weise. Die emotionale Leere und der aufkeimende Selbsthass lassen Juha nicht mehr los. Als er Jahre später seiner Tochter ein Zungenpiercing erlaubt und sie begleitet, trifft er im SM-Studio auf Mona, eine Domina. Bei ihrer ersten Begegnung geschieht das Unglaubliche. Mona schnürrt ihm den Atem ab. Die Asphyxie löst eine trostspendende Halluzination bei Juha aus. Sein Leben bekommt einen neuen Sinn, der sich jedoch nur in absoluter Nähe zum Tod einstellt. Dazu muß er sich jedoch jedes Mal aufs Neue seiner Domina unterwerfen.

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Filmkritik

In diesem Jahr ist alles anders! Bislang sind Juha (Pekka Strang) und seine Tochter Eli (Ilona Huhta) eher ins Naturkundemuseum gegangen, doch nun geht es ins Tattoo-Studio. Zum Zungen-Piercing. Die Kinder werden eben älter und testen ihre Grenzen. Auch wenn Juha als Chirurg beruflich mit dem Aufschneiden von Körpern zu tun hat, nimmt er sich beim Einlösen seines Geburtstagsgeschenks lieber eine kurze Auszeit. Doch anstatt an die frische Luft zu gelangen, tritt er durch die falsche Tür und landet in der Welt von Mona (Krista Kosonen). Die ist aus schwarzem Lack, glänzendem Latex und voller Instrumente, die er seinen Patienten nie zumuten würde.

Es ist nur eine kurze Begegnung. Ein Irrtum, der Juha aber für ein paar Sekunden die Luft nimmt. Es ist ein seltsames Gefühl angenehmer Hilflosigkeit, bis Monas Reitgerte seine Luftröhre wieder freigibt und die Halsschlagader neuen Sauerstoff zum Gehirn transportiert. Sekunden zwischen Bewusstlosigkeit und Wachtraum. Nach dieser ungeplanten Begegnung ändert sich alles in Juhas Leben.

Hunde tragen keine Hose

Zwar geht er noch zur Arbeit und versorgt eine halbwüchsige Tochter, doch zwischendurch bemüht sich Juha immer wieder um einen Termin bei Mona. Auf eine bislang nicht gekannte Weise liebt er es, sich von der schlanken Frau mit der blonden Strähnchenperücke und dem schwarzen, mal mit roter Spitze verzierten Latexanzug würgen und erniedrigen zu lassen: „Hunde tragen keine Hose. Runter mit ihr und runter mit dir, böses, dreckiges Hündchen.“

„Dogs don’t wear pants“ auf pures BDSM zu reduzieren, wäre nur die halbe Wahrheit. Unter der Oberfläche sexueller Grellheit ist der von Jukka-Pekka Valkeapää inszenierte Film ein ernsthaftes Drama. Es geht um einen Familienvater, der den Unfalltod seiner Frau auch sieben Jahre später noch nicht verarbeitet hat. Es geht um eine Tochter, die zwischen Erwachsenwerden und Kindsein mäandert und sich nach Zuneigung sehnt, die sie von ihrem Vater nicht mehr bekommen kann und will. Und es geht um eine Domina, die sich insgeheim nach mehr sehnt als nur nach Zucht ohne Liebe.

Die Dramen werden beiläufig und unaufgeregt thematisiert. Sie verstellen auch nicht den Blick auf das Offensichtliche. „Dogs don’t wear pants“ bekennt sich zu seinem Gegenstand und kaschiert ihn nicht mit Seelenstriptease. Er huldigt dem Voyeurismus und empfindet sichtlich Spaß daran, das Publikum mit auf eine Reise in die Abgründe menschlicher Sexualität zu nehmen.

Das Handwerk des Schmerzes

Juha entdeckt die Faszination von Grenzüberschreitungen, mit denen er seine leere bürgerliche Existenz zu überwinden lernt. Er findet in Mona ein symbiotisches Gegenüber, das nach mehr sucht als nur nach einem weiteren Kunden. „Dogs don’t wear pants“ geht dabei mit großer Ernsthaftigkeit zur Sache. Das Handwerk des intendierten Schmerzes zeigt er in allen Facetten, ohne die Protagonisten zu denunzieren oder der Lächerlichkeit preiszugeben.

Dass dies nicht ohne ein gewisses Maß an Verschmitztheit vonstattengeht, liegt vor allem am gewinnenden Spiel von Pekka Strang. Er schafft es, eine Balance zwischen Verschrecktheit, Neugier und bedingungslosem Verlangen zu finden. Man schaut in das suchende und von der Vergangenheit gezeichnete Gesicht seiner Figur und glaubt ihm die neu gefundene Erfüllung in der Erniedrigung – die er zunächst selbst kaum glauben kann.

„Dogs don’t wear pants“ verzichtet auf allzu prätentiöse Psychologisierung. Hier wird keine „Krankengeschichte“ erzählt, die dekonstruiert werden müsste, um zur „Heldengeschichte“ zu mutieren. Hier entdeckt ein Mensch schlicht ein neues, wenn auch nicht alltägliches „Betätigungsfeld“, um aus der tiefen Tristesse wieder ans Licht zu gelangen. Und so schlüpft Juha am Ende in einer wunderbaren Sequenz aus seinem Kokon und tanzt befreit und lächelnd. In der Gewissheit, dass nun für immer alles anders sein wird. Schließlich weiß er, dass Mona ganz in der Nähe, im Dunkeln, auf ihn wartet.

Erschienen auf filmdienst.deDogs don't wear PantsVon: Jörg Gerle (30.1.2022)
Vorsicht Spoiler-Alarm!Diese Filmkritik könnte Hinweise auf wichtige Handlungselemente enthalten.
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