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Filmkritik
Die Stadt Abadan liegt ganz im Süden des Iran. Im September 1980, kurz vor Ausbruch des iranisch-irakischen Krieges, streitet sich der 14-jährige Omid mit seinen Freunden beim Fußballspiel gerade über ein Tor, als hinter ihnen in der Raffinerie Raketen einschlagen. Unter dem Heulen der Sirene fährt Omid nach Hause. Sein Bruder Abed hat sich bereits freiwillig zum Militär gemeldet. Mit den kleinen Geschwistern verlässt seine Mutter die Stadt. Omid selbst bleibt mit seinem Großvater zurück. Ein Grund für sein Bleiben ist auch sein Hahn Shir Khân, den er für die Hahnenkämpfe trainiert, die unter den Brücken der Stadt stattfinden.
Mit der Kalaschnikow in der Hand
Der Animationsfilm „Die Sirene“ der französisch-iranischen Regisseurin Sepideh Farsi stellt einen Jugendlichen ins Zentrum, der in einer belagerten Stadt heranwächst. Omids Freund Farshid beliefert die Menschen in Abadan mit Lebensmitteln und Eis. Als Omid ihn auf einer dieser Fahrten begleitet, entgehen die beiden nur knapp einem Bombenangriff. Farshid wird dabei schwer am Bein verletzt. Als Omid sich an einem Militärposten nach seinem Bruder erkundigen will, wird er kurzerhand eingezogen. Er bekommt eine Kalaschnikow in die Hand gedrückt und landet ohne jedes Training im Schützengraben an der Front. Beim ersten Einsatz wird seine gesamte Einheit ausgelöscht. Ein Freund seines Bruders bringt ihn zurück nach Abadan. Mit dem Motorrad seines Vaters übernimmt Omid für Farshid das Ausfahren der Lebensmittel und lernt so seine Stadt neu kennen.
Dann fällt Omids Bruder, und die irakische Armee schließt den Belagerungsring um Abadan. Omid entwickelt einen Plan, das Boot seiner Familie wieder fit zu machen und mit all den Menschen, die er inzwischen kennengelernt hat, aus Abadan zu fliehen. Doch das ist leichter gesagt als getan. Seine Fahrten werden zu einem unendlichen Tauschhandel, um das Boot seetüchtig zu bekommen.
Eine Zeitreise in die 1980er-Jahre
„Die Sirene“ ist eine Zeitreise zurück an den Beginn des iranisch-irakischen Krieg, der im Westen nahezu vergessen ist. Sepideh Farsi durchwebt den Coming-of-Age-Film mit märchenhaften Elementen und zahlreichen Details dieser Zeit. So ist auf beiden Seiten der Front und unabhängig von der jeweiligen Situation stets Verlass darauf, dass alle pünktlich zur neuen Folge von der Manga-Serie „Goldorak“/„UFO Robot Grendizer“ vor den Fernsehern sitzen.
Bisweilen wirkt „Die Sirene“ allerdings wie mit angezogener Handbremse erzählt. Das hat viel mit der Animation der Personen zu tun. Die flächige, naturalistische Gestaltung wirkt bei den Figuren recht generisch; ihre Reaktionen auf die Umgebung sind visuell wenig interessant. Während Schauspieler mit ihrem Gegenüber interagieren, bleibt es hier oft bei theatralischen Blicken. Auch in den Bewegungen machen sich die technischen Limitationen der Animation bemerkbar; sie wirken oft unnatürlich verlangsamt, ohne dass dies einen gestalterischen Mehrwert besitzen würde.
Eine glücklichere Hand besitzt der Animationskünstler Zaven Najjar in der Farbgestaltung, die kräftige Farben vor nahezu monochromen oder zumindest farblich reduzierten Hintergründen setzt. Zu berührend schönen Momenten verdichtet sich die ansonsten eher unspektakuläre Animation bei nahezu monochromen, flächigen Bildern – eine Wand mit einem Tor, das geöffnet wird, ein Blick in den Himmel, aus dem Tropfen fallen – oder wenn sich semi-transparente Flächen übereinanderlegen, wie in der Tanzszene zu Beginn des Films.
Viel Charme und schöne Momente
Der jugendliche Blick auf das besetzte Abadan und seine Bewohner.innen macht „Die Sirene“ zu einem durchaus interessanten Film. Allerdings vermögen sein Charme und die schönen Momente der Animation die Schwächen des Films nicht ganz auszugleichen.