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Filmkritik
Alex ist jung, unpünktlich, verantwortungs- und jetzt auch arbeitslos. Immerhin hat es seine Freundin Lisa vier Jahre mit ihm ausgehalten, bis die junge Frau und Mutter seiner Tochter ihn vor die Tür setzte. Das Arbeitsamt hat eine einzige Stelle für ihn: Er soll geistig Behinderte betreuen, die mit monotonem Gleichmut Holz verarbeiten, spazieren gehen oder seit Jahren versuchen, sich die Schuhe zu binden. Dies sei, so seine neue Kollegin Hanna, ein wichtiger Schritt hin zu einem strukturierten Alltag. Wo denn da der Spaß bleibe, fragt Alex, in dem plötzlich eine nicht gekannte Leidenschaft erwacht. Der Film von Lena Koppel beruht auf einer „wahren Begebenheit“. Er zeichnet den Weg einer Behindertengruppe nach, die durch Alex ihre wahre Stärke entdeckt: das Singen und Spielen auf der Bühne. Alex selbst ist ein gescheiterter Theaterschauspieler, der einen Ausflug dazu nutzt, um die Gruppe auf eine kleine Bühne zu bringen; er macht Lockerungsübungen und erlebt die Begeisterungsfähigkeit seiner Schützlinge. Deshalb meldet er sie zu einer Talentshow an, bei der sie erst einmal scheitern; damit aber bringt er Hanna und deren Vorgesetzte in Bedrängnis, da sich die Eltern der Gruppe gegen diese Art der Zurschaustellung wehren. „Die Kunst, sich die Schuhe zu binden“ verfolgt ein sehr ehrbares Anliegen: zu zeigen, dass auch Menschen mit mentalen Handicaps über Begabungen verfügen, die sie zu mehr befähigen als in einem stupiden Projekt Holz zu scheiten und zu verpacken. Der Film hat aber auch unübersehbare Schwächen. Alex ist eine erdachte Figur, die einzig dazu dient, die Rahmenhandlung zu bändigen – eine typische, kaum ausgebaute „Männerkonzeption“ mit einer jähen Wandlung. Andererseits schafft es Koppel nicht, den reizvollen Charakteren der Behinderten, die sie größtenteils aus dem realen Theaterensemble rekrutierte, einen adäquaten Spielanteil einzuräumen. Ebbe, ein älterer Mann, der gerne kichert und geistreich-frech antwortet, erhält beispielsweise nur zu Beginn des Films Sprechszenen und wird später zum bloßen Statisten. Auch ist die Handlung sehr vorhersehbar, selbst in ihren Details: Die stille, in sich gekehrte Katarina, die niemals spricht, ist jene, die später mit ihrer glockenhellen, wunderbaren Stimme begeistert. So ehrenhaft die Absicht, so arg- wie harmlos das Resultat. Was erzählt wird, entspricht genauso den Konventionen wie die Art und Weise, mit der es auf die Leinwand gebracht wird. In seinem Heimatland Schweden war der Film ein großer Erfolg; vielleicht macht das Sequel, das aktuell gedreht wird, etwas mehr aus der interessanten Grundkonstellation.