Vorstellungen
Filmkritik
Als Tashi Duncan (Zendaya) den Tennisplatz einer Tennisakademie betritt, ist ihr die Aufmerksamkeit des Publikums gewiss. Eine aufregende junge Frau, die ihre erotische Ausstrahlung mit einem viel zu kurzen Tenniskleid und streng zurückgekämmten, zu einem Zopf geflochtenen Haaren betont. So wie die Kamera von Sayombhu Mukdeeprom sie in „Challengers - Rivalen“ einfängt, ist sie ein wahr gewordenes Traumgeschöpf, begehrenswert und anbetungswürdig. Doch kaum hat sie ihre Tasche abgelegt und ihre Position eingenommen, ist jeglicher Charme verflogen. Entschlossen und zielstrebig, jeden Muskel angestrengt, das Gesicht voller Anspannung, vernichtet sie ihre Gegnerin, „Duncanator“ lautet deshalb ihr Spitzname. Die beiden 18-jährigen befreundeten Tennisspieler Art Donaldson (Mike Faist) und Patrick Zweig (Josh O’Connor) können dennoch ihre Augen nicht mehr von dieser schönen Frau lassen. Sie werden zu Konkurrenten um ihre Gunst.
Komplexes Beziehungsdreieck
Dieser Erzählteil ist in eine Rahmenhandlung eingebettet, die 13 Jahre später im August 2019 spielt. Art und Patrick stehen sich bei einem Amateur-Turnier im Finale gegenüber. Art ist seit einiger Zeit nicht in Form, seine Karriere stagniert. Nun soll er, angetrieben von Tashi, die er inzwischen geheiratet hat und die ihn trainiert, zu alter Stärke zurückfinden. Patrick hingegen ist ein ausgebrannter, aber immer noch passabler Spieler, der sich nicht einmal ein Hotelzimmer leisten kann.
Schnell wird klar, dass er Tashi, mit der ihn 2006 eine kurze Affäre verband, in all den Jahren nie vergessen hat. Während das Finale seinen Lauf nimmt, schneidet Regisseur Luca Guadagnino zwischen den beiden Erzählebenen hin und her und fügt zur Verwirrung des Publikums noch weitere Rückblenden und Flashforwards ein, die Vergangenheit und Gegenwart unmittelbar aufeinander beziehen. So entfaltet sich die Geschichte eines komplexen Beziehungsdreiecks und des Bruchs einer Freundschaft.
Beim Tennis geht es um mehr als Sport
„Reden wir über Tennis?“, fragt Patrick Tashi ausgerechnet in dem Moment, als sie miteinander schlafen wollen. „Wir reden immer über Tennis“, antwortet sie. Beim Tennis, das wird im Drehbuch von Justin Kuritzkes deutlich, geht es um mehr als Sport. Es geht um Konfrontation, Selbstverwirklichung, Erfolg, Macht, Freundschaft, sogar um Sex. „Tennis ist eine Beziehung“, sagt Tashi an anderer Stelle. Es geht also um alles, um die Liebe und das Leben. Guadagnino betont die Bedeutung dieser Analogie mit einer selbstbewussten, intensiven, aber auch sehr auffälligen Inszenierung. Extreme Zeitlupe, schwingende Kranbewegungen, bewegliche Handkamera und subjektive Einstellungen, die auf Dauer ziemlich irritieren, führen schöne, wohlgeformte und schwitzende Körper in Bewegung vor. Dafür ist der Inszenierung jedes Mittel recht. Die Tennisbälle fliegen auf die Kamera zu und – so zumindest der Eindruck – durch sie hindurch. Manchmal schlagen sie auch auf einem Glasboden auf, sodass man sie von unten beobachten kann, ähnlich wie es Hitchcock mit seinem im Zimmer auf und abgehenden „Mieter“ gemacht hat.
Gelegentlich nimmt die Kamera sogar die Perspektive des fliegenden, sich drehenden Balles ein. Zu dem grellen, manierierten Stil passt auch der laute Techno-Soundtrack von Atticus Ross und Trent Reznor, der den Rhythmus des Tennisspiels aufnehmen und das Geschehen vorantreiben soll, mitunter aber sogar die Dialoge überdeckt. Bis die Action dann – im Tiebreak des letzten Satzes – fast zum Stillstand kommt. Das kann man, je nach Standpunkt, originell oder überstilisiert finden.
Das Spiel wird zerpflückt
Guadagnino verweigert sich der üblichen Spannungsdramaturgie von Tennisfilmen wie „Borg/McEnroe“, „Battle of the Sexes“ oder „King Richard“. Er zerpflückt das Spiel förmlich und zerlegt es in seine Einzelteile. Dabei kann er sich auf drei spielfreudige Darsteller verlassen. Zendaya verkörpert engagiert die perfekte Tennisspielerin, die nur durch eine Verletzung aufgehalten werden kann. Raffiniert und lebensklug durchschaut sie die beiden Männer, um dann ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Mike Faist und Josh O’Connor überzeugen als schwärmerische Jungs, die sich in der Rahmenhandlung zu Männern mit seelischen Wunden wandeln. Wenn sie sich bei einem Knutsch-Dreier, verleitet durch Tashi, sogar küssen, sind sie sich näher, als sie zugeben würden.