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Filmkritik
Wie wollen wir auf unserem von Umweltzerstörung heimgesuchten Planeten leben? Konsumieren wir unverdrossen weiter oder richten wir unsere Lebensweise nach ökologischen Gesichtspunkten aus und üben uns womöglich sogar in radikalem Verzicht? „Black Friday for Future“ behandelt diese Fragen komödiantisch und lässt Vertreter verschiedener Weltanschauungen aufeinanderprallen, die normalerweise wenig miteinander zu tun hätten.
In der Welt des grenzenlosen Konsums
Dass viele Menschen keinen Zusammenhang zwischen ihrem eigenen Konsumverhalten und dessen Folgen für die Umwelt herstellen, lässt sich an dem Protagonisten Albert (Pio Marmaï) besonders gut erkennen. Albert ist Einzelkämpfer, der immer nur auf den Kauf des nächsten Sonderangebots aus ist, von dessen Weiterverkauf er sich eine lohnende Gewinnmarge verspricht. Als er an einem „Black Friday“ vor einem Medienmarkt einen preiswerten Fernseher erstehen will, wird die Eröffnung des Geschäfts von Umweltaktivisten blockiert. Sie rufen den Schnäppchenjägern konsumkritische Parolen entgegen, was Albert mit höhnischen Bemerkungen quittiert. Schließlich schafft er es doch, ein TV-Gerät zu kaufen, das er umgehend an Bruno (Jonathan Cohen) liefern will, mit dem er auf einem virtuellen Markt für Kleinanzeigen in Kontakt getreten ist.
Doch als er vor dessen Haus ankommt, findet er einen mit Antidepressiva vollgestopften Mann vor, dessen Hab und Gut gerade zwangsversteigert wird. Albert rettet ihm sogar das Leben, da Bruno fast an seinem eigenen Erbrochenem erstickt. Kurz darauf lernt er Brunos Schuldenberater Henri (Mathieu Amalric) kennen. Es stellt sich heraus, dass nicht nur Bruno hochverschuldet ist, sondern auch Albert. Er arbeitet in der Gepäckabfertigung an einem Pariser Flughafen, wo er auch übernachtet, da er sich keine Wohnung mehr leisten kann. Mit den Erlösen, die er bei seinen diversen Verkaufsaktionen erzielt – darunter sind auch vom Zoll abgelehnte Gepäckstücke –, zahlt er mühsam seine Schulden ab. Doch die türmen sich mittlerweile auf eine Summe von fast 100.000 Euro auf.
Alle gegen die Bank
Bei einer Gratisverkostung von abgelaufenen Lebensmitteln durch die radikale Umweltgruppe „Objectif Terre“, die auch schon den Mediamarkt blockiert hatte, lernen beide Männer deren charismatische Anführerin Cactus (Noémie Merlant) kennen. Albert verguckt sich in die hübsche Frau und nimmt zusammen mit Bruno an mehreren ihrer Aktionen teil, wenn auch nicht ohne Hintergedanken. Da ihre Anträge auf Entschuldung abgelehnt wurden, stacheln sie die Umweltgruppe an, die Banque de France als Symbol des umweltzerstörerischen westlichen Finanzkapitals zu besetzen. Dort wollen die beiden Kumpel ihre hinterlegten Akten manipulieren.
In ihrem achten Spielfilm lotet das Regie-Duo Olivier Nakache und Éric Toledano erneut ein gesellschaftlich relevantes Thema aus und versucht, konträre Lebensentwürfe auf einer menschlichen Ebene miteinander zu vereinen. Das führt zu Überzeichnungen durch witzige Einzeiler, burleske Situationen oder Ellipsen. Kritisiert wird dadurch jedoch kaum jemand. Alles erscheint nachvollziehbar, wenn man sich in die Figuren hineinversetzt; die Gegensätze lösen sich spielerisch auf.
Idealismus versus Eigennutz
Womöglich ist das angesichts der Unmöglichkeit, Gefahren oder Verfehlungen sich radikalisierender Gruppen – auch wenn sie von hehren Absichten angetrieben werden – in einem Spielfilm erschöpfend zu untersuchen, ein stimmiger Ansatz. Allerdings wird man zuweilen den Verdacht nicht los, dass die Filmemacher das Sujet des Umweltaktivismus eher als opportune Möglichkeit aufgreifen, um ein junges, hippes Publikum ins Kino zu locken. Denn so richtig lassen sich die beiden Stränge des Films nicht miteinander verbinden. Es überzeugt nur teilweise, die Verschuldung als Kollateralschaden eines hohen persönlichen Konsums dem nach Minimalismus strebenden Idealismus gegenüberzustellen. Die Macher ahnen das offenbar auch, da amouröse Verwicklungen, Eifersucht und andere menschliche Schwächen das Handeln der Protagonisten immer stärker bestimmen.
Cactus und Albert reden oft aneinander vorbei, denn sie denkt nur an ihre kämpferischen Aktionen, während er in ihren Worten eine Aufforderung zum Flirten oder mehr verstehen will. Oft ergeben sich komische Situationen aus dem Aufeinanderprallen von Idealismus und Eigennutz. Als Bruno sich bei einer wohltätigen Veranstaltung entscheiden soll, den Preis seines Bieres zwischen 0 und 5 Euro selbst zu bestimmen, entscheidet er sich selbstverständlich für den kostenlosen Beitrag. Dass auch die scheinbar so selbstlosen Umweltaktivisten mitunter von eigensüchtigen Gefühlen angetrieben werden, offenbart sich in den Aktionen von Alberts Nebenbuhler Quinoa, der den Neuling loswerden will. Alle Aktivisten benutzen – meist ökologisch korrekte – Tarnnamen, darunter auch solche wie „Antilope“ oder „Bonbon“, was für weitere Lacher sorgt.
Lauter komische Figuren
Zuweilen wirken einige Aktionen der beiden Freunde in einer digital bestimmten Welt arg unwahrscheinlich, genau wie die Ahnungslosigkeit von Cactus, deren Charakter – im Gegensatz zu denen ihrer beiden männlichen Counterparts – zu eindimensional gezeichnet ist. Dennoch gelingt es dem Darsteller-Trio Pio Marmaï, Jonathan Cohen und Noémie Merlant, ihre Figuren komisch und ansprechend zugleich darzustellen. In einer sehr lustigen Nebenrolle überzeugt zudem Mathieu Amalric, hinter dessen souveräner Fassade als Berater sich in Wirklichkeit ein hilfsbedürftiger Mensch mit einer uneingestandenen Leidenschaft verbirgt.