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Filmkritik
So leer sieht man Berlin selten. Straßen ohne Menschen, Villen ohne Möbel. Hohe Bauten ragen in einen grauen Himmel. Man staunt, was die Stadt an majestätischer Einsamkeit hergeben kann. Auch in „Baghead“ von Alberto Corredor herrscht draußen ein dieser Atmosphäre angemessenes Zwielicht; meistens regnet es dazu. Die Innenräume verschwimmen im Schein gelber Lampen. Das macht den Anfang des Horrorfilms aufregend, weil man eine Zeit lang mit der Sondierung der ungewöhnlichen Umgebung beschäftigt ist.
Diese beschränkt sich nach ein paar innerstädtischen Intermezzi auf ein altes Fabrikgelände, einen Ziegelbau mit Kneipe, über der eine verwahrloste Wohnung liegt. Hier bleibt der Film, denn im Keller wohnt Baghead, eine verkrüppelte Hexe mit einem Sack über dem Kopf. Vorerst fällt das Gebäude der verarmten Künstlerin Iris und ihrer Freundin Kate als Erbe zu. Man erfährt dabei, dass der jeweilige Besitzer auch „Meister“ von Baghead ist. Deren Hexenkunst besteht darin, Tote aus der Unterwelt zurückzubringen, mit denen man dann sprechen kann. Allerdings nur zwei Minuten, keinesfalls länger, sonst passieren schreckliche Dinge.
Die alten Mächte zum Tanzen bringen
Das klingt vertraut. Ähnliches hat man so oder ähnlich in dem Mystery-Thriller „Talk to me“ von Danny und Michael Philippou gehört, wo ebenfalls für kurze Zeit Tote ins Leben gerufen wurden, nur um schreckliche Dinge zu tun, wenn man zu lang mit ihnen sprach. Die australischen Filmemacher hatten mit diesen Geistern allerdings einen Riesenspaß; der Spuk wurde als Partykracher genutzt. Jede Menge Teenager terrorisierten die Geister und nicht umgekehrt, was eine amüsante Abwechslung für alle Beteiligten war, die Zuschauer eingeschlossen.
Genau das ist die Hoffnung vor jedem Horrorfilm: Wird ein Filmemacher es schaffen, okkulte alte Mächte mit jungen Menschen zu konfrontieren, die dann mal anders reagieren, als es das Genre regelmäßig anbietet? Werden sie den Geistern in unkonventioneller, womöglich kluger Haltung gegenübertreten, oder zumindest gut gelaunt?
Ein solcher Filmemacher ist Alberto Corredor nicht. Seine Protagonisten sind larmoyant, manisch mit sich selbst oder der Trauerarbeit über ihre Verstorbenen befasst. Spannend ist lediglich die Idee, Kapital aus der armen Hexe zu schlagen.
Das Geschäftsmodell, das Iris verfolgt, sieht vor, Besucher zahlen zu lassen, die dann über die Hexe noch einmal mit geliebten Verstorbenen sprechen können. Diese Idee blitzt angesichts des einzigen Besuchers in der leeren Kneipe auf, der Iris mit viel Geld in der Hand genau darum bittet. Mit ihm probieren die beiden Frauen nächtelang die Fähigkeiten von Baghead aus, das schaurige Wesen als eine Art therapeutisches Gegenüber zu nutzen.
Eine Art therapeutisches Gegenüber
Dadurch transportiert der Film den altmodischen Gruselspuk gut in die Gegenwart. Er zeigt die üblichen Besserwisser, die aktuell die Welt wie die Horrorfilme bevölkern. Bevor das aber zu unterhaltsam wird, stellt Corredor die Fehler in ihrer Selbsteinschätzung bloß, denn der Plan, die Hexe kontrollieren und ausbeuten zu können, scheitert schon daran, dass sie die zwei Minuten Zwiegespräch niemals einhalten. Bis das die versprochenen schrecklichen Konsequenzen hat, vergeht allerdings viel Zeit.
Diese wird streckenweise mit Hintergrundforschung verbracht. Die Existenz von Baghead muss mühsam erklärt werden; wahrscheinlich ist dies der Part, mit dem Corredor seinen gleichnamigen 15-Minuten-Kurzfilm von 2017 zum Langfilm ausgedehnt hat. Ob das eine gute Idee ist, sei dahingestellt, doch gegen Ende nimmt der lange „Baghead“ doch noch Fahrt auf. Er verwandelt sich vom christlichen Schauermärchen in einen Psychopathen-Thriller, in dem tatsächlich Bedrohung und Ungewissheit herrschen. Für die arme Hexe steht immerhin eine Art Happy End parat.