Vorstellungen
Leider gibt es keine Kinos.
Filmkritik
Abklatsch, konserviert: Das amerikanische Bühnenstück "Fiddler on the Roof" hat von Sholom Aleichems Roman wenig genug übriggelassen an authentischen Erfahrungen und Gedanken; in Deutschland ist das Musical "Anatevka" vollends zur Operette geworden. Was an Spontaneität da immer noch nicht zerstört war, besorgte die Verfilmung mitsamt der deutschen Synchronisation. Norman Jewison hat ein fast dreistündiges Folklore-Potpourri inszeniert, Konflikte verniedlichend wie weiland Julien Duvivier in "Don Camillo". Chaim Topol ist ein blendender Virtuose in diesem Klamauk, laut, schlau, gutmütig, aber doch kaum über die Dimension abgedroschener jiddischer Witze hinausgehend; sein Tevye wird zur Mischung aus Camillo und Sorbas, die ganze Tragik der Ostjuden spielt er bravourös hinweg. Intensiver sind da schon seine älteren Töchter, die er der Reihe nach verliert: die eine an einen tapferen Schneider, die zweite an einen Revolutionär, der von der Ukraine aus in ein sibirisches Gefängnis kommt, die dritte an einen zaristischen Soldaten. Für Momente schimmert da durch, was Tradition als geheiligter Wert bedeuten mußte: Erhaltung der Gemeinschaft als einzige Oberlebenschance und Getto zugleich, das keinen "Fortschritt", kein Ausbrechen zulassen kann. Und das tragische Finale - Tevye, seine Familie und Freunde werden von den zaristischen Machthabern vertrieben und in alle Richtungen zerstreut - wird hier zum bittersüßen Kitsch verniedlicht. Am schlimmsten ist dieser Film immer dann, wenn er Musical-Ambitionen hegt; da fehlt es dem Regisseur an handwerklichem Können, um seinen Stoff so zu inszenieren, daß man ihn als Traum oder Erinnerung akzeptieren könnte; so aber wird man ständig zur Überprüfung des Gezeigten mit den historischen Tatsachen gebracht, die der Film nicht stilisiert oder transponiert, sondern makaber verniedlicht.