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Filmkritik
„Gott zu spielen“, amüsiert Yehezkel. Schließlich sei er auch ein Ingenieur. Obwohl schon seit langem verrentet, ist der alte Herr offenkundig immer noch recht begabt. Seine überschüssigen Energien nutzt er in vielfältiger Weise. So weckt er eine Mitbewohnerin in dem Heim für alte Menschen, in dem er lebt, indem er mit einem selbstkonstruierten „Stimmenveränderer“ sein Organ so erhaben wie das von Gott klingen lässt. Diese lustige, aber auch abgründige Eröffnungsszene setzt den Grundton einer schwarzen Komödie, die, je länger sie dauert, zunehmend seriöser wird. Von Anfang an führt die fröhliche Laune aber ein wenig in die Irre: Yehezkels geliebte Ehefrau Levana leidet nämlich an Altersdemenz, zwar noch in sehr frühem Stadium, doch die Krankheit schreitet schnell fort. Auch ihre Freunde Yana und Max machen gerade eine sehr schwere Phase durch. Max leidet an einer unheilbaren Krankheit und möchte sterben. Er hofft auf die Hilfe eines Tierarztes, der im gleichen Wohnblock wohnt, und große Erfahrung darin hat, „Tiere um die Ecke zu bringen“. Doch Yana bittet Yehezkel um Hilfe, sehr zum Ärger von Levana. Zu Beginn lernt man den Freundes- und Bekanntenkreis dieser alten Menschen kennen. Sie leben in wohlhabenden bürgerlichen Verhältnissen in einem Altenwohnheim. Ihr Leben ist den Umständen entsprechend angenehm: Man ist gebrechlich und langsam und in verschiedener Hinsicht eingeschränkt, aber gewinnt dem Leben noch etwas ab. Ingenieur Yehezkel konstruiert in der Folge eine Euthanasie-Maschine, die auf perfekte Weise einen sanften Tod ermöglicht. Zunächst freuen sich alle über die Sicherheit, gegebenenfalls den Tod frei wählen zu können. Schnell spricht sich die Erfindung im Seniorenheim herum; und bald schon melden sich Interessenten, die davon profitieren wollen. Doch als ausgerechnet Yehezkels Ehefrau Levana sich anschickt, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen, und sich von diesem Gedanken auch nicht abbringen lassen will, holen Yehezkel die Folgen seiner Erfindung ein. Und nicht nur er reagiert abweisend. Altern, Gebrechlichkeit, erst recht das Sterben und insbesondere die Sehnsucht, zu sterben, also die so problematischen wie facettenreichen Themen „Freitod“ und „Euthanasie“, sind brisante Felder, die vom konventionellen Kino in der Regel ignoriert werden: Hal Ashbys „Harold und Maude“ (fd 18 885; 1971) ist schon sehr lange her, und David Finchers „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ (fd 39 122; 2008) eine Ausnahme, die auch nur zum Teil mit dem Sujet zu tun hat. Bleiben also Alejandro Amenábars „Das Meer in mir“ (fd 36 941; 2004) und Michael Hanekes „Liebe“ (fd 41 266; 2012) als zwei rare Beispiele. In „Am Ende ein Fest“ greifen Sharon Maymon und Tal Granit neben vielen anderen Tabuthemen aus diesem Umkreis – Depression, Demenz, die Überforderung des medizinischen Personals – die politisch viel debattierte Problematik auf. Sie erzählen, durchaus mit einer beachtlichen Portion Humor und Heiterkeit, vom Altern und Hinfälligkeit, vom Sterben und vor allem von dem Doppelgesicht der Euthanasie. Hat der Mensch das Recht, „Gott zu spielen“? Das ist die zentrale Frage dieser philosophischen Komödie, die es sich nicht leichtmacht, den Konflikt zu entscheiden. Zunächst einmal hat es etwas Tröstliches, Ermutigendes, sein Schicksal selbst in die Hand nehmen zu können. Aber worin genau liegt die Würde des Menschen? In der Selbstbestimmung als einem zentraler Wert unseres Zeitalters? Oder doch eher im Verzicht darauf, alles Machbare auch zu realisieren? Filmästhetisch ist „Am Ende ein Fest“ ein Mainstream-Film: gefällig, „heiter“ im Grundton, mit vielen schönen Einfällen und Szenen. Etwa, wenn ein alter Mann befindet, dass es Zeit sei für sein homosexuelles „Coming Out“, einem einfallsreichen Täuschungsmanöver, mit dem man sich das Krankenhauspersonal vom Leibe halten will, oder der Abschied von einem Lungenkrebspatienten mit einer „Raucherparty“. Erst im letzten Drittel lässt der Film seinen Humor fahren und meint es bitterernst. Auf diese Weise gelingt der Inszenierung eine Gratwanderung als ein Film über den Tod, der am Ende vor allem das Leben, also auch die Freiheit, feiert.